Ölziehen ist im wahrsten Wortsinn wieder in aller Munde. Vor allem mit dem „Health Boom“ in den sozialen Kanälen ist die 3500 Jahre alte ayurvedische Technik wieder voll „up-to-date“. Doch was ist dran an dem Hype? Nutzt es wirklich was? Wie lange? Welches Öl? Und überhaupt… Hier geht´s zu den Antworten.

Ölziehen – die ayurvedische Art täglich zu detoxen

Die wichtigste Frage vorneweg: Was bringt Ölziehen? In der indischen Gesundheitslehre Ayurveda (Die Lehre vom Leben) heißt es, Ölziehen entgifte den Körper: Wer täglich für bis zu 20 Minuten Öl zwischen den Zähnen durchzieht, damit gurgelt, es kaut und saugt, befreit sich von Schadstoffen, Säuren, Giften und Bakterien.

Ölziehen und die Zähne

Vor allem der Mundraum, der mit über 700 verschiedenen Mikroben besiedelt ist, soll vom Ölziehen profitieren. Es soll die Zähne weißer machen, Probleme wie Karies, Zahnfleischentzündungen, Zahnfleischschwund und Mundgeruch verhindern und auch Zahnstein vorbeugen. Bislang gibt es nur wenige Studien darüber. Einige, die in Indien, sozusagen dem „Mutterland“ des Ölziehens gemacht wurden, belegen jedoch eine Verbesserung der Zahngesundheit.

Ölziehen soll demnach die kariesverursachenden Bakterien im Mund genauso effektiv bekämpfen, wie ein pharmazeutisches Produkt.

Ölziehen Wirkung

Öl soll Schadstoffe, Säuren, Gifte und Bakterien an sich binden. Weil es dabei zähflüssiger ist als herkömmliche Mundwässer, kann es Zahnzwischenräume effektiver reinigen und kommt dabei trotzdem in die kleinsten Zahnlücken.

Doch die positiven Effekte des Ölziehens gehen noch weiter. Das alte Hausmittel soll neben den positiven Effekten auf Zähne und Zahnfleisch auch Schmerzen, Migräne, Entzündungen, Hormonerkrankungen, Asthma, Allergien, Atemwegsinfekte und Arthritis lindern.

Das Lymphsystem und das Immunsystem sollen durch das Ziehen und Saugen des Öls angeregt werden, wodurch es auch gegen viele weitere Krankheiten helfen soll und ganz allgemein unser Wohlbefinden steigert. Klingt nach einem echten Wundermittel? Stimmt. Doch für all die positiven Effekte gibt es keine fundierten Belege.

Viele berichten geradezu euphorisch von der Wirkung des Ölziehens

Das Netz ist voll von Erfahrungsberichten und Vorher-Nachher-Videos von Menschen, die mit Ölziehen, oder auch „Oil-Pulling“ beste Erfahrungen gemacht haben. Weniger Zahnfleischprobleme, keinen Mundgeruch mehr, weißere Zähne und die Nebenhöhlenentzündung – wie weggeblasen. Wie lässt sich das erklären?

Öle haben eine gesundheitliche Wirkung: zum Beispiel Ölziehen mit Kokosöl

Die Wirkung des Ölziehens hängt unter anderem vom verwendeten Öl ab. Kokosöl enthält beispielsweise viel Vitamin E, was antioxidativ wirkt, also vor freien Radikalen schützt und somit Entzündungen reduziert. Die im Kokosöl ebenfalls enthaltene Laurinsäure wirkt zusätzlich gegen Pilze und Bakterien. Kokosöl schmeckt den meisten, weil es einen eher süßlichen Geschmack hat. Im Gegensatz zu vielen anderen Ölen, die sich bei der Anwendung zwar ebenfalls bewährt haben, aber leider oft etwas bitter schmecken können. Später dazu mehr.

Alternativmediziner sehen im Ölziehen eine einfache, sanfte und obendrein kostengünstige Methode etwas für sich und seine Gesundheit zu tun. Ausprobieren kostet (fast) nichts und kann nicht schaden, meinen sie. Oder etwa doch?

Kann Ölziehen auch eine Verschlechterung bewirken?

Generell kann Ölziehen bedenkenlos von jedem angewendet werden. Wer Amalgamfüllungen hat, sollte jedoch vorher seinen Arzt um Rat fragen. Denn beim Ölziehen soll sich Quecksilber aus den Plomben lösen können. Abgesehen von dieser Ausnahme sind keinerlei Nebenwirkungen durch Ölziehen bekannt.

Jetzt aber in die Praxis: wie zieht man Öl richtig?

Circa 20 Minuten Zeit sollte man für dieses Ritual einplanen. Es lässt sich auch gut in jede Morgenroutine integrieren, zum Beispiel nimmst Du den Löffel Öl in den Mund, bevor Du unter die Dusche steigst. Aber von vorne:

Mit einem Zungenschaber, oder einem Teelöffel sollte man zunächst die Beläge von hinten nach vorne von der Zunge abstreifen. Danach nimmt man einen Esslöffel Öl für bis zu 20 Minuten in den Mund und zieht, saugt, gurgelt und spült damit den Mundraum. Das kann anfangs etwas anstrengend sein. Wenn das Öl weiß-flüssig ist, solltest Du es auf ein Taschentuch ausspucken.

Bitte nicht in den Ausguss, denn das (Kokos)Öl kann dort fest werden und so den Siphon verstopfen. Du musst auch nicht zwingend die 20 Minuten einhalten. Gerade am Anfang kann es sein, dass das Öl schneller weißlich wird und ausgespuckt werden sollte.

Besser ist es dann, bereits nach einigen Minuten diese Emulsion erstmal wieder loszuwerden und mit einem frischen Esslöffel Öl weiterzumachen. Danach einfach mit Wasser nachspülen und die Zähne wie gewohnt putzen.

Eine solche Ölkur sollte man für 4 bis 6 Wochen durchführen, oder sie gleich zum festen Bestandteil der Morgenroutine machen. Die positiven Effekte stellen sich bereits nach kurzer Zeit ein. Zum Dank dafür gibt es auch noch weißere Zähne.

Wann sollte man Ölziehen?

Ob morgens, abends oder zwischendurch: Ölziehen kann man grundsätzlich immer, sobald man Zeit dafür hat. Die Wirkung ist die gleiche. Am effektivsten und so empfiehlt es auch das Ayurveda, ist es sicher am Morgen, gleich nach dem Aufstehen. Potenzielle Toxine und Krankheitserreger, die sich über Nacht im Mundraum angesammelt haben, kannst Du dann mit einer Runde Öl direkt wieder loswerden. Wer sich zeitgleich eine warme Dusche gönnt, startet rundherum erfrischt und gereinigt in den Tag.

Ölziehen – welche Öle?

Prinzipiell funktionieren alle handelsüblichen Öle. Im Ayurveda wird klassischerweise mit Sesamöl gearbeitet. Doch genauso gut eignen sich auch Rapsöl, Sonnenblumenöl, Olivenöl oder das bereits erwähnte Kokosöl.

Um das Maximale an Wirkstoffen zu erhalten, solltest Du darauf achten, dass das Öl nicht über 45 Grad erhitzt worden ist (kaltgepresst). Denn die Inhaltsstoffe sind es, die das Öl so kostbar für die Gesundheit machen. Darüber hinaus sollten sie möglichst aus biologischem Anbau stammen. Um die Wirkung der Öle noch zu verstärken und sie etwas „schmackhafter“ zu machen, kannst Du ihnen auch noch naturreine ätherische Öle zusetzen.

Vor- und Nachteile der „Trägeröle“

Im klassischen Ayurveda wird, wie bereits erwähnt, hauptsächlich Sesamöl verwendet. Das schmeckt zwar nussig, kann im Hals aber etwas kratzen, wie übrigens auch Olivenöl.

„Geschmeidiger“ und für die meisten angenehmer im Geschmack ist Kokosöl. Zu beachten ist allerdings, dass es lediglich bei höheren Temperaturen im Sommer flüssig ist. Dazu kommt, dass es über weite Wege zu uns transportiert werden muss, also in Sachen Klimabilanz negativ zu Buche schlägt. Deswegen der Tipp: einheimische Öle wie zum Beispiel Sonnenblumenöl verwenden. Das ist vom Geschmack her neutral, kratzt nicht im Hals und hat eine bessere Klimabilanz. Wenn Du magst, kannst Du es dann noch mit einigen Tropfen ätherischer Öle „aufpimpen“, auch um die Wirkung des Ölziehens zu steigern.

Welche ätherischen Öle eignen sich für ein Mundziehöl?

Ätherische Öle als Zugabe zu einem Trägeröl haben mehrere positive Effekte. Zum einen können sie den Geschmack nach Deinen Vorlieben verbessern. Zum anderen machst Du Dir zusätzlich die positiven Effekte der ätherischen Öle zu Nutze.

Empfehlenswerte ätherische Öle für das Ölziehen:

Wer Wert auf gute Laune am morgen legt, der greift am Besten hier zu:

  • Pfefferminzöl – erfrischt und vitalisiert, wirkt immunsystemstärkend, bakterienfeindlich und schmerzlindernd
  • Orangenöl ist desinfizierend, antiviral, antibakteriell und hebt die Stimmung
  • Zitronenöl – wirkt antioxidativ, erfrischt, ist antibakteriell und sorgt ebenfalls für gute Laune

Wer zu Entzündungen neigt, kann es damit versuchen:

  • Eukalyptusöl – erfrischt und wirkt bakterien-, viren- und pilzfeindlich
  • Rosmarinöl – wirkt vitalisierend ist virenfeindlich und schmerzlindernd
  • Nelkenöl – antioxidativ, immunstärkend, schmerzlindernd und gilt als Radikalfänger.
  • Latschenkiefer – wirkt vitalisierend, ist entzündungshemmend, immunstärkend und schmerzlindernd

Wichtig: ätherische Öle müssen immer verdünnt werden und dürfen nicht pur verwendet werden!

Als Grundsatz gilt: auf 100ml Trägeröl kommen je nach Geschmack bis zu 20 Tropfen ätherische Öle. Es können aber auch deutlich weniger oder mehr nötig sein. Hier einfach auf die Packungsbeilage des Herstellers achten.

Natürlich gibt es auch fertig angemischte Mixturen im Handel. In Drogerien und in gut sortierten Drogerieabteilungen des Supermarkts solltest Du fündig werden.

Fazit:

Wer sich morgens schon ein paar Minuten gönnt, um sich und seiner Gesundheit etwas Gutes zu tun, kann von der Wirkung des Ölziehens profitieren. Obendrein kann die richtige Mischung mit ätherischen Ölen auch für gute Laune sorgen, das Zahnfleisch stärken und vor Entzündungen schützen. Belohnt werden wir mit weißeren Zähnen und einem langanhaltend frischen Mundgefühl. Wem die 20 Minuten zu lang sind, kombiniert das Ölziehen mit der morgendlichen Dusche. Und ein Sonnenblumenöl hat wahrscheinlich auch jeder im Schrank. Es kann also losgehen.

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