Atmen ist lebensnotwendig – aber weil es ja quasi „automatisch“ abläuft, halten wir es allzu oft für selbstverständlich. Mit jedem Einatmen nehmen wir Sauerstoff auf – und geben bei jedem Ausatmen Kohlendioxid ab. Bis zu 4 Liter können das bei einem Erwachsenen sein.

Wenn wir zu „flach“ atmen, vermindern wir den natürlichen Fluss dieser Gase. Das kann unter anderem dazu führen, dass wir mit stressigen Situationen weniger gut umgehen können. Wissenschaftliche Forschungsergebnisse zeigen: Wenn wir wieder lernen, richtig zu atmen und uns unserer Atmung bewusst zu werden, – wenn wir üben, tiefe Atemzüge zu nehmen und unseren Atem zu normalisieren, können wir so auch unseren Geist beruhigen und – unser Körper entspannt sich. Quasi auch „ganz automatisch“.

Die natürliche Atmung – ist die Bauchatmung

Die Bauch-, oder auch Zwerchfellatmung, ist die natürlichste Form der Atmung. Neugeborene und tiefschlafende Erwachsene atmen zum Beispiel so. Die eingeatmete Luft wird in die Lungenflügel gezogen und wieder ausgeatmet, während sich analog dazu das Zwerchfell jeweils zusammenzieht und – wieder ausdehnt. Dabei werden unsere inneren Organe kontinuierlich massiert. Diese Atmung ist tief, ruhig und gleichmäßig.

Bei der Bauch- oder auch Vollatmung genannten Art zu atmen, kann die Lunge ihre Aufgabe perfekt erfüllen. Mit jedem Atemzug füllen sich unsere Lungenflügel komplett auf. Aus dem eingeatmeten Sauerstoff produziert die Lunge Energie und mit jedem Ausatmen entsorgt sie überflüssige Abfallprodukte. In der Bauchatmung entspannen sich unsere Muskeln und unser Stresspegel sinkt.

Leider atmen die wenigsten von uns auch tagsüber in der Bauchatmung, was zu Verspannungen und Stress führen kann. Dabei ist es so wertvoll – richtig zu atmen.

Die Duke University ist eine der renommierstensten Universitäten der Welt. In den USA wird sie auch „Harvard des Südens“ genannt. Von ihr stammt diese erste Atemübung.

Übung 1 – „richtig atmen“ – die Bauchatmung wieder lernen

Die Bauchatmung ist perfekt, wenn Du Dich entspannen willst.

Dauer: 5 – 10 Minuten

1.  Lege Dich auf den Rücken auf eine Matte (oder ggf. auf Dein Bett oder eine Couch). Deine Beine sollten gerade sein, die Füße fallen bequem nach außen, die Wirbelsäule ist gerade, die Arme liegen parallel zu Deinem Körper, so, dass sie ihn nicht berühren, Deine Handflächen zeigen nach oben Richtung Decke und Du schließt Deine Augen.

2. Lege die linke Hand jetzt auf die Mitte Deiner Brust und die rechte auf Deinen Bauch.

3. Atme durch die Nase ein und durch den Mund aus. Mund und Kiefer sind entspannt.

4. Ohne zu versuchen, die Atmung zu verändern, nimmst Du sie einfach erstmal nur so wahr, wie sie gerade ist. Welche Hand hebt sich beim Einatmen am meisten? Wenn es die Hand auf Deinem Bauch ist, dann atmest Du schon aus dem Bauch oder Zwerchfell heraus. Hebt sich Dein Bauch nicht oder nur wenig, atmest Du eher aus der Brust.

5. Wenn Du mit der Brust atmest, konzentriere Dich ganz auf das Einatmen und Füllen Deiner Lunge. Beginne zunächst mit dem unteren Teil der Lunge und fülle sie bis zu den Lungenspitzen hinauf mit Luft. Versuche es ein paar Mal und vergewissere Dich, dass sich Dein Bauch mehr hebt als Deine Brust, bevor Du mit der Übung fortfährst.

6. Atme lange, langsam und tief ein. Konzentriere Dich ganz auf die Atmung, während Du immer entspannter wirst.

7. Setze diese tiefe Atmung etwa fünf oder zehn Minuten lang fort, ein- oder zweimal am Tag für ein paar Wochen. Wenn Du möchtest, kannst Du die Übung in dieser Zeit auch auf bis zu zwanzig Minuten ausdehnen.

8. Wenn Du gelernt hast, Dich mit Hilfe der tiefen Bauchatmung zu entspannen, übe sie immer dann, wenn Du spürst, dass Du angespannt bist, oder Dich eine Situation stresst. Wenn Du sie beherrscht, kannst Du die Bauchatmung zu jeder Zeit und in jeder Position praktizieren, egal ob Du sitzt, stehst, oder liegst. Sie kann Dir helfen, Dich zu entspannen.

Ein Tipp meines Osteopathen dazu: Lege Deine Hände direkt oberhalb des Schambeins auf Deinen Bauch und versuche bei jedem Atemzug zuerst genau dort hin zu atmen, wenn Du noch mehr aus der Übung rausholen willst.

Schon mal was von Dr. Andrew Weil gehört? Nein? Zumindest in den USA kennt ihn jedes Kind. Dort ist er soetwas wie „Dr. America“. Er hat ein Harvard Diplom und gilt als einer der einflußreichsten Ärzte des Landes. Von ihm stammen die beiden nächsten Atemübungen.

Übung 2 – „richtig atmen“ – die 4-7-8 Atemübung

Die 4-7-8-Atemübung hilft gegen Stress und beruhigt die Nerven

Dauer: wenige Minuten

Die 4-7-8-Atemübung ist ganz einfach, braucht fast keine Zeit, erfordert keine Ausrüstung und Du kannst sie überall durchführen. Obwohl Du die Übung in jeder Position machen kannst, solltest Du anfangs mit geradem Rücken im Sitzen üben.

Lege Deine Zungenspitze direkt hinter die oberen Vorderzähne. Du atmest durch die Nase ein – und durch den Mund um die Zunge herum aus. Versuche, die Lippen leicht zu spitzen, wenn Dir das unangenehm ist.

  1. Schließe den Mund und atme leise durch die Nase ein, bis Du im Kopf bis vier gezählt hast.
  2. Halte den Atem an bis Du bis sieben gezählt hast.
  3. Atme bis acht vollständig durch den Mund aus und mache dabei ein zischendes Geräusch.

Wiederhole diese Atemabfolge drei weitere Male.

Wichtig ist, dass Du bei dieser Atemtechnik immer leise durch die Nase einatmest und hörbar durch den Mund aus. Die Zungenspitze bleibt dabei die ganze Zeit in der gleichen Position hinter den oberen Vorderzähnen. Die Ausatmung dauert doppelt so lange, wie die Einatmung.

Die absolute Zeit, die Du für jede Phase brauchst, ist nicht wichtig; wichtig ist nur, dass Du das Verhältnis von 4:7:8 beibehältst. Wenn Du Schwierigkeiten hast, den Atem so lange anzuhalten, kannst Du die Phasen verkürzen, aber halte das Verhältnis von 4:7:8 ein. Mit etwas Übung kannst Du lernen, immer tiefer ein- und auszuatmen.

Diese Atemübung wirkt wie ein natürliches Beruhigungsmittel auf Dein Nervensystem. Im Gegensatz zu Medikamenten, die oft bei der ersten Einnahme wirksam sind, dann aber mit der Zeit ihre Wirkung verlieren können, ist diese Übung beim ersten Versuch vielleicht noch wenig wirksam, gewinnt aber mit jeder Wiederholung und Übung immer mehr an Kraft, wie Dr. Andrew Weil meint. Er empfiehlt sie möglichst mindestens zweimal täglich zu üben. „Bleibe im ersten Monat bei vier Atemzügen. Später kannst Du sie auf acht Atemzüge ausdehnen“, empfiehlt Dr. Weil.

Die 4-7-8 Methode kann Dich entspannen, wenn Du Dich innerlich angespannt oder gestresst fühlst. Auch zum Einschlafen ist sie gut geeignet. Diese Übung kann laut Dr. Andrew Weil nicht hoch genug gelobt und nicht oft genug empfohlen werden. In diesem Video demonstriert er, wie es geht.

Übung 3 „richtig atmen“ – die stimulierende Atmung

Die stimulierende Atmung erhöht Dein Energielevel und Deine Konzentrationsfähigkeit.

Dauer: 15 Sekunden bis zu einer Minute

Der stimulierende Atem beruht auf einer Yoga-Atemtechnik. Du atmest nur durch die Nase ein und aus. Der Mund bleibt dabei geschlossen und ist entspannt. Ein- und Ausatmen sollten gleich lang sein – und geräuschvoll – ähnlich, wie bei einem Blasebalg. Die stimulierende Atmung ist wie ein „Hecheln“ – nur eben ausschließlich durch die Nase.

  1. Atme schnell durch die Nase ein und aus. Der Mund bleibt dabei geschlossen.
  2. Versuche dreimal pro Sekunde jeweils ein- und auszuatmen, tief – so, dass sich Dein Zwerchfell dabei bewegt. Atme nach jedem Zyklus normal weiter.
  3. Übe beim ersten Versuch nicht länger als 15 Sekunden. Jedes Mal, wenn Du die stimulierende Atmung übst, kannst Du die Zeit um etwa fünf Sekunden erhöhen, bis Du eine volle Minute erreicht hast.

Wenn Du Dir nochmal ansehen willst, wie die stimulierende Atmung funktioniert, Dr. Andrew Weil demonstriert es hier in diesem Video.

Wenn Du die stimulierende Atmung richtig durchführst, wirst Du Dich danach belebter und erfrischter fühlen. „Wenn Du das nächste Mal einen Energieschub brauchst, dann versuch es mit dieser Zwerchfellatmung – und die Tasse Kaffee kannst Du Dir wahrscheinlich sparen“, wie Dr. Weil vorschlägt, „übrigens funktioniert sie auch gut, wenn Dir kalt sein sollte – einfach mal kurz „hecheln“ – und Dir wird wieder warm!“

Fazit:

Richtig atmen können wir (wieder) lernen. Mit den drei Übungen wirst Du Dir Deines eigenen Atemmusters immer bewusster. Wenn Du das nächste Mal gestresst bist, nicht einschlafen kannst, oder einen Energiekick brauchst – hast Du jetzt die richtigen Tools an der Hand. Sie sind leicht anzuwenden, dauern nicht lange und Du hast sie jederzeit parat, wenn Du sie brauchst. Je öfter Du die Übungen durchführst, desto mehr entfalten sie ihre Wirkung.

Und: spüre immer nach, wie sich jede Atemübung für Dich anfühlt und was sie mit Dir macht. So kannst Du ebenfalls ihre Wirkung steigern.

Tipp:

Bitte beachte: Wenn Dir beim Üben schwindlig wird, atmest Du vielleicht zu tief oder zu schnell. Unterbreche die Übung dann für einige Minuten und atme normal weiter, bis die Symptome vorüber sind.

Wenn Du noch mehr Tipps und Tricks rund um Dein Wohlbefinden haben willst, sieh einfach bei „Wohltaten“ nach. Hier wartet eine Fülle von Inspirationen auf Dich, wie beispielsweise diese. Entdecke verblüffende Informationen hinter vermeintlich bekannten Themen!

Quelle:

Duke University, North Carolina USA

Harvard Medical Degree – Dr. Weil