Welche Lebensziele lohnen sich? Bei vielen von uns stehen Gesundheit und Glück sicher weit oben auf der Liste. Auch eine tolle Beziehung zu führen, zu heiraten und eine Familie zu gründen, sehen viele als erfüllend an. Doch was macht uns wirklich ein ganzes Leben lang glücklich? Welche Entscheidungen im Leben sind es, die uns langfristig mehr Zufriedenheit, Gesundheit, Glück und Wohlbefinden bescheren? Und: gibt es sie überhaupt?
In Sachen Gesundheit scheint die Antwort noch relativ einfach zu sein: gesunde Ernährung, viel Bewegung – am besten an der frischen Luft – und Entspannung. Doch beim Glück wird es schon schwieriger. Macht uns ein höheres Einkommen glücklicher? Ein anderer Job? Ein besseres Aussehen? Ein Partner? Kinder? Oder ein Lottogewinn und danach nur noch endlos lange Reisen?
Welche Lebensziele halten uns ein ganzes Leben lang glücklich und gesund?
Konstant wird uns von außen suggeriert, wir sollten Karriere machen, etwas leisten, smart investieren, uns schöne Häuser und teure Autos zulegen, unseren Körper im Fitness-Studio stählen und uns selbst optimieren – um ein glückliches Leben zu führen. Doch – stimmt das?
Es ist extrem schwierig, Daten darüber zu gewinnen, was uns Menschen wirklich ein ganzes Leben lang glücklich und gesund hält. Solche Studien sind extrem aufwändig und teuer – und damit eigentlich von vornherein zum Scheitern verurteilt. Die meisten dieser ambitionierten Forschungen wurden nach kurzer Zeit wieder eingestellt. Entweder, weil dem Projekt das Geld ausging, oder weil die Probanden nach einigen Jahren absprangen und die Studien nicht weitergeführt wurden. Aber: Eine Studie gibt es, die seit sage und schreibe 8 Jahrzehnten läuft! Haben wir ein Glück!
Die aufwändigste Studie über Lebensglück und Gesundheit
Der Wissenschaftler Robert Waldinger von der Harvard University ist der derzeitige Leiter der am längsten laufenden Studie zum Thema Lebensglück, die es wahrscheinlich jemals gab. Sie startete bereits 1938 – und beschäftigt sich mit dem Thema „Entwicklung von Erwachsenen“.
Zu Beginn der Harvard Study of Adult Development, wurden 724 Männer untersucht. Jeweils die Hälfte kam aus Harvard, die andere Hälfte aus einer armen Gegend von Boston. Ziel war es, Menschen ihr ganzes Leben hindurch zu begleiten, um ihren Gesundheitszustand, ihre Lebensumstände und ihre persönliche Entwicklung zu dokumentieren. Neben all diesen Forschungsergebnissen gab die Studie einen tiefen Einblick in das Thema Lebensziele – und Lebensglück. Und: welche Rolle dabei die Beziehungen spielen, die die Studienteilnehmer führen.
Der Ablauf der „längsten Studie über das Glück“
Die Studie Harvard Study of Adult Development läuft mittlerweile in der 4. Generation und umfasst neben Ehepartnern und Kindern nun auch die Enkel und Urenkel der ursprünglichen Probanden. Die Forscher befragen die beiden Gruppen alle zwei Jahre zu ihrer körperlichen und geistigen Gesundheit, ihrem Berufsleben, ihren Freundschaften und ihren Ehen. Zusätzlich interviewen sie die Probanden samt ihrer Familien zu Hause, machen medizinische Untersuchungen, Bluttests und Gehirnscans.
Die Wissenschaftler untersuchen also das komplette Leben dieser Menschen – vom Kindesalter bis zum Tod. In über 80 Jahren wurden bereits Tonnen von Material zusammengetragen – von unschätzbarem Wert. Neben allen medizinischen, soziologischen und psychologischen Erkenntnissen, konnten die Forscher beispielsweise herausfinden, welche Entscheidungen und Lebensweisen die Studienteilnehmer wirklich glücklich und gesund machten – und – welche nicht.
Einige wenige Teilnehmer der ersten Stunde leben bis heute und nehmen nach wie vor an der Studie teil. Auch die über 2000 Kinder und Kindeskinder willigten ein, weiterhin von den Forschern begleitet zu werden. Dementsprechend hat die Harvard Study of Adult Development mittlerweile Lebensanalysen von 3 Generationen. Psychologieprofessor Robert Waldinger ist der vierte Leiter der Glücksstudie in Harvard.
Wie stark beeinflussen unsere Lebensumstände unser Lebensglück?
Als die Studie 1938 begann, bestand die eine Hälfte der Studienteilnehmer aus Harvardstudenten, die gerade einmal in ihrem zweiten Studienjahr waren und danach in den Krieg eingezogen wurden. Die andere Hälfte bestand aus gleichaltrigen Jungen, die aus den Armenvierteln von Boston kamen und in schwierigen sozialen Verhältnissen aufwuchsen. Durch diese Auswahl wollte man herausfinden, wie stark sich unsere Lebensumstände auf unsere berufliche und persönliche Entwicklung auswirken konnten.
Im Laufe ihres Lebens wurden aus den Jugendlichen Fabrikarbeiter, Rechtsanwälte, Maurer, Ärzte – und einer davon wurde sogar der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika: John F. Kennedy. Auch er befand sich unter den Teilnehmern der Harvard-Studie.
Manche Teilnehmer wurden Alkoholiker, andere litten an Schizophrenie. Manche kletterten auf der sozialen Leiter ganz nach oben – andere stürzten komplett ab. Herkunft und Lebensumstände in der Kindheit haben laut der Harvard Studie offensichtlich keinen entscheidenden Einfluß auf unser Lebensglück. Sie lassen sich verändern – zum Positiven, wie zum Negativen.
Zu dem Ergebnis, dass unsere Lebensumstände nur einen untergeordneten Einfluß auf unseren Lebensweg haben, kam auch die renommierte Glücksforscherin Sonja Lyubomirsky. Sie forscht bereits seit über 30 Jahren zum Thema Lebensglück und Lebensziele und hat ein Buch über ihre Forschungsergebnisse geschrieben: Sonja Lyubomirsky: Glücklich sein.
Was können wir aus der Harvard-Studie über unsere Lebensziele lernen?
Im Laufe der umfangreichen Studie sind 10.000de von wissenschaftlichen Unterlagen über das Leben von Menschen entstanden. Was sich herausstellt ist: Es geht grundsätzlich nicht um all die Äußerlichkeiten, von denen wir oft glauben, dass sie uns glücklich machen könnten, wie Geld, Job oder Besitz. Es geht weder um mehr Reichtum, noch Leistung, oder Darstellung nach außen, um glücklich zu werden.
Was uns dagegen wirklich ein Leben lang glücklich macht und gesund hält – sind laut dieser Harvard-Studie unsere engen Beziehungen. Sie sind es, die uns bis ins hohe Alter zufrieden machen und sogar unser Leben verlängern können!
Aufrichtige, tiefe und vertrauensvolle Beziehungen, egal, ob zu unserem Lebenspartner, einem Familienmitglied, oder einem Freund – sind der Studie nach der wichtigste Glücksfaktor in unserem Leben. Unsere guten Beziehungen machen uns nicht nur glücklich, sie halten uns obendrein auch noch lange gesund und wirken lebensverlängernd. Sozial eingebunden zu sein und unsere engen Beziehungen zu pflegen – das ist es, was unser Lebensglück ausmacht – und was wir dementsprechend zu einem unserer wichtigsten Lebensziele machen sollten.
Das gute Leben – besteht aus guten Beziehungen.
Robert Waldinger – Harvard Professor für Psychologie
Der Studienleiter Robert Waldinger zieht diese Haupterkenntnisse aus der Studie:
- Gute, enge Beziehungen sind extrem wichtig für unser Glück und unser Wohlbefinden. Menschen mit engen sozialen Bindungen zu ihren Partnern, Familienmitgliedern, ihren Freunden, oder auch anderen Menschen sind glücklicher, körperlich gesünder und leben länger, als Leute, die weniger sozial eingebunden sind.
- Einsamkeit hat sich geradezu als toxisch herausgestellt, wie Robert Waldinger sagt. Menschen, die einsamer sind, als sie es möchten, sind unglücklicher, ihre Gesundheit verschlechtert sich bereits ab ihrer Lebensmitte, ihre Gehirnfunktionen lassen nach und sie sterben früher, als Menschen, die sozial eingebunden sind.
- Es ist nicht die Anzahl an Freunden die wir haben und es kommt auch nicht darauf an, ob wir in einer festen Beziehung leben, oder nicht. Entscheidend ist die Qualität unserer Beziehungen. Ständig in Streit und Konflikt zu leben, ohne Liebe, Respekt und Anerkennung, sind extrem schlecht für unsere Gesundheit. Dagegen in einer engen, liebevollen Beziehung zu leben, wirkt sich positiv auf uns aus. Als Waldingers Studienteilnehmer mit 50 Jahren ungefähr in ihrer Lebensmitte angelangt waren, wollten die Wissenschaftler herausfinden, ob es Faktoren gab, mit denen sie das Glück und die Gesundheit dieser Menschen vorhersagen konnten. Und was kam heraus? Es waren weder ihre Cholesterinlevel, noch ihr Grad an Fitness, oder ihr persönlicher, oder beruflicher Erfolg, der ein zuverlässiger Indikator für ihren weiteren Lebensweg war. Der Hauptindikator für ein langes, glückliches und gesundes Leben war, wie zufrieden die Menschen mit und in ihren engen Beziehungen zu diesem Zeitpunkt waren.
- Waldingers 80-jährige Studienteilnehmer, die in einer glücklichen Beziehung lebten, berichteten, dass sie glücklich waren, auch wenn sie mal Schmerzen hatten. Denjenigen dagegen, die unglücklich in ihrer Beziehung waren, ging es auch psychisch schlecht, wenn sie körperliche Schmerzen hatten.
- Gute Beziehungen schützen aber nicht nur unseren Körper, sondern auch unser Gehirn vor Krankheiten und frühzeitigem Verfall. Wenn sich Menschen auf ihren Partner wirklich verlassen konnten, blieb ihr Gedächtnis länger in Takt. Dagegen fand bei den Probanden, die in einer unglücklichen Beziehung lebten, häufig ein früher Gedächtnisverlust statt.
- Eine glückliche Beziehung bedeutet nicht, dass sie ununterbrochen harmonisch ablaufen muss, wie Waldinger herausfand: Manche Ehepaare zankten sich tagein und tagaus. Viel wichtiger war, dass sie sich aufeinander verlassen konnten und wussten, dass der Partner für sie da war, wenn es hart auf hart kam.
- Auch sich wieder zu versöhnen, trägt zu unserem Wohlbefinden bei, wie Waldingers Studie zeigte. Diejenigen, die es nicht taten, zahlten dagegen einen hohen Preis: Ihre Gesundheit litt darunter, genauso wie ihr Glück.
Fazit:
Unsere guten, engen Beziehungen sind wichtig für unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden. Das ist zwar nicht ganz neu, aber dennoch scheinen wir diese alte Weisheit leicht zu vergessen – oder nur schwer zu verstehen. Unsere Freundschaften und Beziehungen am Leben zu halten und sie zu pflegen, ist manchmal anstrengend und zeitraubend – aber es lohnt sich – für beide.
Viele der hochbetagten Menschen in Waldingers Studie haben als Jugendliche genauso geglaubt, es wäre der Reichtum und der Ruhm, die herausragende Leistungen und der Besitz, der sie glücklich machen würde. Aber wie sich herausstellte, lebten diejenigen Menschen ein erfülltes Leben, die sozial eingebunden waren und enge Beziehungen zu ihren Partnern, Freunden, Familienmitgliedern und anderen Menschen hatten – völlig unabhängig von Äußerlichkeiten.
Wie gelingen enge Beziehungen?
Doch wie gelingen diese engen Beziehungen zu anderen? Eine Grundvoraussetzung ist es schon mal, Zeit miteinander zu verbringen. Zum Beispiel, indem wir uns mit Freuden treffen, statt fernzusehen, oder Überstunden zu schieben. Gemeinsam mit dem Partner, oder der Familie und Freunden etwas Neues auszuprobieren: ein Hobby zum Beispiel, einen Ausflug oder einen Spielabend…. Möglichkeiten gibt es viele.
Wenn Du mehr darüber wissen möchtest, wie Du eine Partnerschaft, oder auch Freundschaft vertiefen kannst, ließ hier weiter: Freundschaften vertiefen – geht das? Und wenn, dann wie?
Unsere engen Beziehungen sind einer der wesentlichen Faktoren, wenn es um unser Glück geht. Welche weiteren die Wissenschaft entdeckt hat und dass es durchaus möglich ist, dass wir aus eigener Kraft unser Glückslevel steigern, liest Du auch hier: Ist Glück machbar? Eine Wissenschaftlerin deckt 12 Wege auf!
Und hier gibts noch einige weitere nützliche Links zum Thema:
- Die 3 Arten von Freundschaft – und nur eine ist wahre Freundschaft!
- 100+ der besten Freundschaftssprüche
- Freundschaften vertiefen – geht das? Und wenn – dann wie?
- Sprüche über die Familie
- Schöne Sprüche – 100+ Sprüche, die uns aufbauen, Kraft geben und inspirieren
- Traurige Sprüche – über Leben, Liebe und Abschied
- Sprüche zum Nachdenken – Tiefsinnige Sprüche, Zitate und Lebensweisheiten
- Positive Psychologie – oder wie geht das mit dem gelingenden Leben?
- Flourish – Wie Menschen aufblühen
Viel Glück! Deine Wohlfinderei!