Tja, ist das Glas nun halbvoll, oder halb leer? Realisten würden sagen: beides. Leider sind wir alle viel zu selten realistisch, wenn es darum geht, die Dinge neutral einzuschätzen. Wir beurteilen Situationen und Ereignisse aus dem Bauch heraus – emotional. Und das kann bedeuten, dass wir eine Situation positiv sehen, oder eben negativ.
Beides mag zutreffen, oder um bei dem Beispiel mit dem Glas zu bleiben: es ist ja wirklich zur Hälfte gefüllt, oder eben leer. Aber ob wir uns die optimistische oder die pessimistische Variante davon erzählen, macht einen entscheidenden Unterschied.
Nicht auf das Glas, sondern auf uns. Nach diesem Artikel wirst Du wissen, warum es so wichtig ist, eine positive Sicht auf die Welt zu entwickeln. Am Füllstand des Glases wird das nichts ändern – an Deiner Einstellung zum Leben – vielleicht alles.
Was ist Optimismus?
Optimismus ist eine innere Einstellung. Wer optimistisch durchs Leben geht, sieht voller Hoffnung und Zuversicht seiner (positiven) Zukunft entgegen. Optimisten gehen stets vom Guten aus und erwarten einen positiven Ausgang.
Wenn Optimisten mit Problemen konfrontiert sind, sehen sie diese als Erfahrung an, aus der sie lernen können, oder im schlimmsten Fall als einen kurzfristigen, aber vorübergehenden Rückschlag. Und sie gehen davon aus, dass es zukünftig wieder besser laufen wird.
Optimismus bedeutet nicht, alles Negative zu verdrängen
Optimismus bedeutet nicht, dass man die schlechten Dinge in Zukunft einfach „übersieht“ und sie nicht mehr wahrnimmt. Das ist Verdrängung und hat mit Optimismus nichts zu tun.
Eine optimistische Lebenseinstellung hat vielmehr damit zu tun, wie wir uns selbst und die Welt um uns herum interpretieren und über sie denken. Es geht beim Optimismus ganz grundsätzlich darum:
- zu wissen, wie viel Kontrolle oder Einfluss wir auf eine bestimmte Situation haben und
- davon auszugehen, dass sich die Situation durch unser Zutun positiv entwickelt und am Ende zu einem guten Ergebnis führen wird
Oder anders ausgedrückt: Optimistische Menschen schätzen ein, inwieweit sie eine Situation im Griff haben und beeinflussen können und gehen davon aus, dass sie sie zu einem positiven Ausgang bringen.
Ist Optimismus angeboren?
Niemand kommt als Pessimist oder Optimist auf die Welt. Laut Prof. Dr. Sonja Lyubomirsky, eine Vertreterin der Positiven Psychologie, können wir aktiv etwas dafür tun, ein glücklicher Mensch zu werden. Die Wissenschaftlerin forscht seit 30 Jahren zum Thema Glück. Sie hat herausgefunden, dass 50 % unseres Glücksempfindens durch unsere Gene bestimmt werden. Zu gut 10 % wirken sich unsere Lebensumstände auf unser Glück aus. Und zu 40 % haben wir es selbst in der Hand, wie glücklich wir sind.
Wie wichtig ist eine optimistische Einstellung, um glücklich zu sein?
Laut Prof. Dr. Sonja Lyubomirsky gehört eine positive Lebenseinstellung unbedingt dazu, wenn wir glücklich sein wollen. In ihrem Buch „Glücklich sein, warum Sie es in der Hand haben, zufrieden zu leben“, beschreibt die Wissenschaftlerin 12 Bausteine, die dafür nötig sind, ein glückliches Leben zu führen. Die Quintessenz aus 30 Jahren Glücksforschung zeigt: Optimismus ist laut Sonja Lyubormirsky einer der 12 fundamentalen Bausteine des Glücks.
Ob Du eher zu den Optimisten, oder zu den Pessimisten gehörst, hat viel damit zu tun, wie Du Dir selbst Dein Leben erklärst.
So erklärt sich ein Optimist das Leben
Wenn etwas Positives passiert, erklären sich das Optimisten damit, dass das aufgrund ihrer Handlungen und Fähigkeiten war. Darüber hinaus sehen sie es als Anzeichen dafür, dass auch in Zukunft positive Dinge passieren werden – und zwar in allen Bereichen ihres Lebens.
Wenn Optimisten umgekehrt etwas Negatives passiert, sehen sie es eher als Zufall oder einmaliges Ereignis an, dass sich so nicht zwangsläufig wiederholen wird, oder muss. Ein negatives Ereignis überschattet weder andere Bereiche ihres Lebens, noch beeinflusst es ihre Zukunft negativ.
Was bringt Optimismus? 10 erstaunliche Gründe, warum wir alle optimistischer werden sollten
Es wird Dich nicht überraschen, dass optimistisch denkende Menschen tendenziell glücklicher sind als pessimistische. Aber es gibt noch weitere gute Gründe, die dafür sprechen, optimistischer zu werden. Hier sind 10 Gründe, die Dich wahrscheinlich überraschen werden.
Optimisten können beispielsweise mit Problemen besser umgehen, empfinden weniger Stress, sind gesünder und verfolgen ihre Ziele konsequenter. 1
Laut Studien haben positive Emotionen enormen Einfluss auf unser Wohlbefinden. Sie wirken sich bis auf zellulärer Ebene aus und beeinflussen, wer wir sind und auch wer wir in Zukunft sein werden – körperlich, geistig und seelisch.
Ein positives Mindset setzt eine positve Aufwärtsspirale in Gang
Die Wissenschaftlerin Barbara Frederickson, eine Vertreterin der Positiven Psychologie, beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit dem Thema und kommt zu erstaunlichen Ergebnissen. Positive Emotionen, so hat sie herausgefunden, versetzen uns erst in die Lage, Dinge zu erlernen und uns weiter zu entwickeln. Laut ihrer Broaden-and-Build Theorie, bewirken häufig erlebte positive Emotionen bei uns folgendes: Warum positive Emotionen so wichtig sind.
Wo Pessimisten immer vom Schlimmsten ausgehen und dabei jede Menge Spaß und potenzielle Möglichkeiten verpassen können, gehen Optimisten offen und kreativ durchs Leben. Und: Optimisten leben mit ihrem positiven Mindset offensichtlich nicht nur glücklicher, sondern auch noch gelassener und obendrein gesünder. Wie gesund Optimisten leben, haben folgende Studien ergeben:
- Optimistische Menschen sind gesünder
Die Forschung hat zahlreiche Zusammenhänge zwischen Optimismus und allgemeiner Gesundheit gefunden. Demnach haben optimistisch denkende Menschen ein um 50% niedrigeres Risiko Herzkrankheiten zu entwickeln und eine höhere Wahrscheinlichkeit eine Krebskrankheit zu überleben.
- Optimistische Menschen leben länger
Optimisten leben im Durchschnitt um bis zu 15% länger, als der Durchschnitt – und dabei auch noch gesünder. Das kann daher kommen, dass Optimisten sich mehr um sich selbst kümmern. Sie treiben mehr Sport, achten auf genügend Schlaf, ernähren sich gesünder und rauchen seltener. Was jedoch nicht bewiesen ist, ist, was zuerst da war – das gesunde Verhalten, oder der Optimismus.
- Optimistische Menschen führen bessere Beziehungen
Forscher der Stanford University haben beispielsweise herausgefunden, dass Optimisten ihre Beziehungen als erfüllender erleben und diese häufiger auch länger halten, als Partnerschaften von weniger positiv denken Menschen. Das gilt auch dann, wenn nur einer der Partner:innen Optimist:in ist. Psycholog:innen führen es darauf zurück, dass sich Partner:innen in einer Beziehung zu einem Optimist:in besser unterstützt fühlen und das Gefühl haben, dass ihr Gegenüber konstruktiv an der Beziehung arbeitet – auch und insbesondere, wenn es mal zum Streit kommt. 1
- Optimistische Menschen sind erfolgreicher
Optimisten sind widerstandsfähiger, als ihre weniger positiv denkenden Mitmenschen. Das gilt auch fürs Berufsleben. Optimisten sind in der Lage, es wegzustecken, wenn ihr Chef ihre guten Leistungen nicht anerkennen will und können weiterhin gute Leistungen erbringen. Eine Studie aus dem Jahr 2019 ergab, dass optimistischere Menschen auch eine höhere Arbeitsplatzsicherheit haben, was dementsprechend zu noch mehr Optimismus führt.
Außerdem sind diejenigen, die ihre Karriere optimistisch einschätzen, mit größerer Wahrscheinlichkeit erfolgreicher und zufriedener mit ihrer Arbeit. 2
- Optimisten erreichen mit höherer Wahrscheinlichkeit ihre Ziele
Optimisten geben nicht so leicht auf wie Pessimisten und haben deshalb eine höhere Wahrscheinlichkeit ihre Ziele auch wirklich zu erreichen. Menschen mit einer optimistischen Einstellung arbeiten selbst dann noch fokussiert auf ihre Ziele hin, wenn sie mit Hindernissen, Herausforderungen und Rückschlägen konfrontiert sind. Eine solche Beharrlichkeit bedeutet letztlich, dass sie ihre Ziele mit größerer Wahrscheinlichkeit erreichen werden.
- Optimistische Menschen sind seltener krank und werden schneller wieder gesund
Menschen mit einem hohen Maß an subjektivem Wohlbefinden – was auch mit Optimismus einhergeht – haben ein stärkeres Immunsystem und können sogar schneller gesund werden, als Menschen mit einem geringeren Level an Wohlbefinden, wie eine Studie herausfand.
- Menschen, die optimistisch durchs Leben gehen, sind auch emotional gesünder
Eine weitere Studie aus dem Jahr 2017, die das psychische Wohlbefinden älterer Menschen untersuchte, ergab, dass sich innerhalb von 8 Wochen sowohl die Depressionen der Teilnehmer, als auch deren körperliche Symptome und Schlafbeschwerden verringert hatten. Was man den älteren Menschen beigebracht hatte? Optimismus! In dem 8-wöchigen Programm hatten sie gelernt, wie man „positive Erfahrungen zu erkennen und zu genießen lernt“!
- Optimisten lassen sich von Misserfolgen nicht unterkriegen
In einer berühmten Studie aus dem Jahr 1990, durchgeführt vom Gründungsvater der Positiven Psychologie, Prof. Martin Seligman und seinem Team, forderten Trainer zweier Elite-College-Schwimmteams ihre Athleten auf, ihre beste Disziplin zu schwimmen. In einem schriftlichen Test (Attributional Style Questionnaire, kurz ASQ) wurde vorher ermittelt, ob die einzelnen Athleten eher zum Pessimismus, oder zum Optimismus neigten.
Den Schwimmern wurden am Ende des ersten Durchlaufs falsche Ergebnisse mitgeteilt. Die Trainer fügten den Ergebnissen einige Sekunden hinzu, gerade soviel, um noch glaubhaft zu sein, aber auch soviel, um bereits für Enttäuschungen zu sorgen. Das Resultat?
In der zweiten Wettkampfrunde schwammen die pessimistischen Schwimmer im Durchschnitt langsamer, als bei ihrem ersten Versuch. Die optimistischen Athleten ließen sich von dem negativen Ergebnis aus der ersten Runde dagegen nicht verunsichern. Ihre Leistung blieb auf demselben Niveau, wie zuvor.
- Optimismus kann vor Burnout schützen
Ein Studie durchgeführt von drei spanischen Universitäten untersuchte 2013 den Zusammenhang zwischen Optimismus und Burnout am Beispiel von Hochleistungssportlern, in dem Fall Wettkampfringern. Auch hier zeigte sich, dass die optimistischeren Sportler weniger unter den drei Dimensionen eines Burnouts litten, als ihre pessimistischeren Kollegen. Die Optimisten waren insgesamt weniger emotional erschöpft, und fühlten sich leistungsfähiger, als die pessimistischen Sportler.
- Optimisten leiden weniger unter Stress
Optimisten neigen auch dazu, weniger Stress zu empfinden als ihre pessimistischen oder realistischen Mitmenschen. Da sie an sich selbst und ihre Fähigkeiten glauben, gehen sie grundsätzlich erstmal davon aus, dass sie die ihnen gestellten Aufgaben erfolgreich meistern werden. Sie betrachten negative Ereignisse als kleine Rückschläge, die leicht zu überwinden sind, und sehen positive Ereignisse als Zeichen dafür, dass weitere gute Dinge des Weges kommen werden. Da sie an sich selbst glauben, gehen sie auch mehr Risiken ein, kommen schnell voran und schaffen mehr positive Ereignisse in ihrem Leben.
Die Forschung zeigt, dass Optimisten beim Stressmanagement proaktiver vorgehen. Das heißt, dass sie ganz bewusst herausfinden, was sie stresst, und diese Stressoren aktiv reduzieren oder ganz beseitigen. Da Optimisten auf diese Weise aktiv ihren Stress managen, fühlen sie sich unter dem Strich weniger gestresst – denn sie haben ihn schlichtweg besser im Griff.
Anhand dieser 11 Fragen erkennst Du, ob Du ein optimistischer Mensch bist
Optimisten teilen ein bestimmtes Mindset. Hier sind einige Kriterien, an denen Du erkennst, ob Du selbst ein Optimist bist:
- Du glaubst, dass in der Zukunft positive Dinge passieren werden
- Du bist der Überzeugung, dass sich die Dinge zum Besten wenden
- Du glaubst fest daran, dass Du die Herausforderungen des Lebens meistern kannst
- Du hast das Gefühl, einer rosigen Zukunft entgegenzugehen
- Du glaubst, dass auch aus negativen Ereignissen etwas Gutes entstehen kann
- Du siehst Herausforderungen und Hindernisse als Möglichkeiten etwas dazuzulernen
- Du bist dankbar für alles Gute in Deinem Leben
- Du suchst nach Möglichkeiten, wie Du das Beste aus den sich bietenden Chancen heraus holst
- Du hast eine positive Einstellung zu Dir und anderen
- Du übernimmst die Verantwortung für Fehler, die Du gemacht hast, aber hältst Dich nicht mit Ihnen auf
- Selbst wenn Du eine schlechte Erfahrung gemacht hast, siehst Du Deiner Zukunft weiterhin positiv entgegen
Wenn Du die Fragen mit „Ja“ beantwortet hast – Gratulation! Dann gehörst Du zu den Menschen, die das Leben eindeutig optimistisch sehen.
Fazit
Optimistisch durchs Leben zu gehen hat unschlagbare Vorteile für uns. Wir leben gesünder, wir leben länger, wir leben stressfreier und glücklicher. Wir sind erfolgreicher, haben bessere Beziehungen und lassen uns durch die Widrigkeiten des Lebens nicht so schnell unterkriegen. Und: Wir können aktiv dazu beitragen, selbst zum Optimisten zu werden! Wenn Du nach dem Test erkannt hast, dass es für Dich auf der Optimismusskala noch Luft nach oben gibt, lies hier weiter: Optimistisch sein – 10 Tipps, die Dir dabei helfen, positiver zu denken
Weitere nützliche Links:
- Wohlbefinden – was ist das eigentlich und wie können wir es steigern?
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