Was soll spazieren gehen denn schon bringen? Weder geraten wir dabei außer Puste, noch strengt es uns sonderlich an. Das kann doch kein Sport sein. Dieses Denken stammt noch aus den 70er Jahren, in denen es hieß: „no pain, no gain“. Da ist auch tatsächlich etwas dran. Allerdings nur, wenn Du Dich gerade auf sportliche Höchstleistungen vorbereitest.
Spazieren gehen – für Höchstleistungen trainiert man anders
Wer für Höchstleistungen trainiert, kann natürlich mit Spazieren gehen wenig anfangen. Mindestens dreimal die Woche sollte die Herzfrequenz bei (potenziellen) Profisportlern auf 70-85% ihres Maximums gesteigert werden und das für 20 bis 60 Minuten. Mit einem Spaziergang – ist das wohl eher nicht zu schaffen.
Die Nachteile eines intensiven Trainings sind aber dagegen auch nicht zu unterschätzen: Das Verletzungsrisiko steigt – und kaum jemand, außer Profisportlern, hält das Pensum auf die Dauer durch. Allein schon deshalb nicht, weil es den meisten von uns wenig Spaß machen dürfte: Es ist eine ziemliche Schinderei. Dann vielleicht doch lieber ein 30 minütiger Spaziergang in der Natur. Vor allem, wenn man um die Vorteile weiß, die selbst ein kleiner Spaziergang bringt.
Wenn Du nach Möglichkeiten suchst Zuhause fit und beweglich zu werden, dann schau auch mal hier nach: Workout Zuhause: Die besten Tools und Tipps für Dein Homeworkout
Deine Wohlfinderei
Ist spazieren gehen reine Zeitverschwendung?
Moderate Bewegung ist laut neuester Forschungsergebnisse hervorragend für die Gesundheit. Sie hängt von drei Parametern ab: der Dauer, der Intensität und der Häufigkeit. Um es kurz zu machen: wer auf die gleichen positiven Effekte kommen will wie ein Jogger, muss einfach öfter und länger vor die Tür. Statt spazieren zu gehen, kommt auch Radfahren und Schwimmen als „moderate Bewegungsform“ in Frage.
Gehen vs. Joggen – wie lange und wie oft?
Gehen ist weniger intensiv als Joggen. Für Erwachsene Spaziergänger heißt das: möglichst täglich eine Einheit von 30 Minuten einlegen, in der man zügig geht. Einen ähnlichen Effekt erzielen Jogger, wenn sie an mindestens 3 Tagen in der Woche eine Joggingrunde von circa 20 Minuten drehen.
Ist spazieren gehen zeitaufwändiger als Joggen?
Um joggen zu gehen, sollte man vor und nach der Joggingrunde ein Stretching einlegen, sich aufwärmen und abkühlen. Rechnet man dann noch die Zeit dazu, die es braucht um sich umzuziehen, verringert sich der zeitliche Vorteil zum Joggen erheblich.
Joggen gehen – oder spazieren gehen – Warum haben Jogger häufiger Verletzungen als Spaziergänger?
Spaziergänger haben immer einen Fuß auf dem Boden. Jogger befinden sich dagegen zeitweise komplett in der Luft. Mit zunehmender Geschwindigkeit steigt diese Zeit sogar noch an: auf bis zu 45%. Bei jeder „Landung“ aber trifft auf den Körper eine Belastung auf, die circa dem dreifachen Gewicht des Läufers entspricht.
Auf jeden Kilometer müssen Gelenke, Bänder und Knochen eines Joggers an die 100 Tonnen Gewicht absorbieren. Kein Wunder also, das trainingsbedingte Verletzungen bei einem Jogger zwischen 20 und 70% liegen. Bei einem Spaziergänger sind es dagegen nur 1 bis 5%.
Wie gesund ist spazieren gehen?
Laut der Harvard Medical School hat Spazierengehen enorm viele positive Auswirkungen auf unsere Gesundheit. Laut neuester Forschungsergebnisse ist Sitzen gefährlicher für unsere Gesundheit als Rauchen. Also raus aus dem Bürostuhl, runter von der Couch und raus aus dem Haus. Was Du selbst mit einem kurzen Spaziergang erreichen kannst, schafft kaum ein Medikament – und es kostet nichts, außer ein wenig Zeit.
Mehrere Studien zeigen, dass Gehen das Risiko für Herz-Kreislaufkrankheiten um 31% und das Sterberisiko um 32% senkt – und das sowohl bei Männern, als auch bei Frauen. Dafür genügen bereits knapp 9 Kilometern pro Woche bei dem äußerst moderaten Tempo von 3 km/h – was Schlendern entspricht.
Oder anders ausgedrückt: Wer pro Woche 3 Stunden spazieren geht, um nicht „spazieren schlendern“ zu sagen – tut schon enorm viel für seine Gesundheit.
Spazieren gehen kann dabei helfen, das Risiko für Herzkrankheiten, Krebs und Diabetes zu senken, den Blutdruck und den Cholesterinspiegel zu regulieren und sogar das Gedächtnis zu trainieren.
Ein täglicher moderater Spaziergang von nur 25 Minuten senkt das Sterberisiko um über 30%!
Bereits 25 Minuten spazieren gehen täglich bringen bereits all diese gesundheitlichen Vorteile. Wer noch mehr für sich herausholen will, geht einfach längere Strecken, nimmt mal eine Steigung mit, oder erhöht seine Geschwindigkeit.
Spazieren gehen – 20 gesundheitliche Benefits
- Herzkrankheiten vermeiden
- Sterberisiko reduzieren
- Gefäßsteifigkeit reduzieren
- Durchblutung anregen
- Erektionsprobleme vermindern
- Lungenfunktion verbessern
- vor Demenz schützen
- Blutdruck senken
- das Risiko für Typ2-Diabetes vermindern
- das Risiko an Krebs zu erkranken senken
- den Cholesterinspiegel senken
- das Gedächtnis verbessern
- Depressionen lindern
- Stress abbauen
- Immunsystem stärken
- Entzündungen lindern
- den Schlaf verbessern
- Rückenschmerzen lindern
- beim Abnehmen helfen
- die Stimmung heben
Ganz abgesehen davon, dass wir auch noch unseren Vitamin-D Spiegel anheben können, wenn wir in der Mittagszeit unsere 25-minütige Runde draußen drehen.
Spazieren gehen und die passende Ausrüstung dafür
Welche Schuhe sind sinnvoll, wenn ich spazieren gehen will?
Für einen Spaziergang braucht es keine besondere Ausrüstung. Ein paar gute, stützende Straßenschuhe tun es bereits. Natürlich kann es nicht schaden, wenn die Schuhe gegen Nässe schützen und atmungsaktiv sind. Egal wie – jeder Schritt, den Du tust, ist ein Schritt Richtung Gesundheit.
Brauche ich spezielle Kleidung für einen Spaziergang?
Da man beim Spazierengehen nicht ins Schwitzen kommt (außer im Sommer vielleicht) braucht man eigentlich keine spezielle Kleidung dafür. Das meiste hat jeder von uns bereits im Schrank. Als einfach Regel gilt: im Winter warm, im Sommer kühl und bei Regen trocken bleiben.
Regelmäßig gehen – brauche ich einen Schrittzähler?
Für die meisten smartphones gibt es Apps, mit denen man seine zurückgelegten Schritte pro Tag tracken kann. Für viele Benutzer ist das ein extra Ansporn auf seine gewünschte Anzahl an Schritten zu kommen. Leider sind viele dieser Tracker ungenau und reagieren bereits auf Erschütterungen, statt auf wirklich zurückgelegte Schritte.
Andererseits: wer will schon ständig sein Handy mit sich herumtragen? Wer es sicher wissen will, legt sich deshalb besser einen Schrittzähler oder eine smartwatch zu. Schrittzähler gibt es im Handel bereits ab ca. 40 Euro. Smartwatches gibt es ebenfalls ab diesem Preis, können aber auch deutlich teurer sein. Dafür haben sie meist auch einen höheren Funktionsumfang.
Müssen es täglich 10.000 Schritte sein?
Die Mähr, jeden Tag 10.000 Schritte zurücklegen zu müssen geht auf die Marketingkampagne eines japanischen Schrittzählerherstellers aus den 1960er Jahren zurück. Sie ist also vollkommen aus der Luft gegriffen – und ohne jede Relevanz. Im Gegenteil: eine japanische Studie aus dem Jahr 2019 weist sogar auf einen negativen Effekt hin. Demnach sind 7.500 Schritte vollkommen ausreichend.
Wieviel Schritte gehen wir im Durchschnitt täglich?
Eine Stanford Studie aus dem Jahr 2017 die im renommierten „Nature Magazin“ veröffentlicht wurde, hat Schrittzählerdaten weltweit ausgewertet und kam zu dem Ergebnis, dass die Anzahl an Schritten die jeder Mensch pro Tag durchschnittlich zurücklegt bei ca. 4.900 liegt.
Man kann allerdings davon ausgehen, dass diejenigen, die einen Schrittzähler haben, wahrscheinlich ohnehin schon zum aktiveren Teil der Bevölkerung zählen. Andere Studien kamen nämlich zu dem Ergebnis, dass es der durchschnittliche Büroangestellte in Deutschland gerade mal auf 2.000 bis 3.000 Schritte am Tag schafft. Und das ist natürlich schon sehr wenig.
Der Sport- und Präventionsexperte Prof. Ingo Froböse rät zu 3000 Schritten mehr am Tag
Eine Studie des Zentrums für Gesundheit (ZfG) der Deutschen Sporthochschule Köln stellte den gesundheitlichen Nutzen der Idee „3.000 Schritte mehr am Tag“ fest. „Das Konzept ist zwar nicht neu, aber es ist und bleibt ein optimaler Ansatz für mehr Bewegung im Alltag“, so Froböse. Denn damit haben Untrainierte genauso einen Trainingseffekt wie Menschen, die regelmäßig spazieren gehen. Als Grundsatz gilt: Jeder Schritt zählt und bringt uns unserer Gesundheit und unserem Wohlbefinden einen Schritt näher!
Wie viele Schritte am Tag sollte ich gehen? Ein Rechenbeispiel:
Nehmen wir also das Konzept von Sportmediziner Prof. Ingo Froböse seiner „3.000 Schritte mehr am Tag“ auf: Zu der durchschnittlichen Schrittanzahl eines Büroangestellten von 2 – 3.000 Schritten kämen demnach noch einmal 3000 dazu. Insgesamt wären das dann zwischen 5.000 und 6.000 Schritte täglich, die wir gehen sollten. Das entspricht in etwa 3 bzw. 4 Kilometern und sollte für jeden von uns bei flotter Gehweise in einer guten halben Stunde machbar sein.
Spazieren gehen und die richtige Technik
Wie gehst Du richtig?
Das Schöne am Gehen ist: Jeder kann es tun. Egal in welchem Alter und bei welchem Fitnesslevel – gehen – geht immer. Wichtig ist, dass Du natürlich und bequem gehst, in Deinem Tempo und Rhythmus.
Warum solltest Du aufrecht gehen? Tipps beim Gehen
Es gibt allerdings einige Tipps, die Dir helfen können, Verspannungen zu vermeiden: Versuche möglichst aufrecht zu gehen: mit erhobenem Kinn, nach vorne gerichteten Augen und geraden Schultern. Halte den Rücken gerade, den Bauch flach und den Hintern leicht angespannt. Die Arme sollten möglichst nahe am Oberkörper sein und die Ellenbogen leicht gebeugt.
Trete mit den Fersen auf und rolle nach vorne Richtung Fußspitze ab, um Dich dann mit den Zehen leicht abzustoßen. Schwingen die Arme bei jedem Schritt leicht mit und halte einen gleichmäßigen Rhythmus ein. Wenn Du trainierter bist, kannst Du versuchen Deine Schrittlänge zu verlängern und Dein Tempo zu steigern.
Zwei Methoden um Rückenschmerzen beim Gehen zu vermeiden
- Gehe so aufrecht wie möglich. Nach vorne gebeugtes oder gebücktes Gehen erschwert das Atmen und ist einer der häufigsten Gründe für Rückenschmerzen beim Gehen. Strecke die Wirbelsäule so, als ob jemand mit einem imaginären Faden an Deinem Scheitel gerade nach oben zieht. Mach Dich so lang wie möglich. Richte Dich auf. Du kannst das überprüfen, indem Du einen Finger an Deinen unteren Rippenbogen legst und den anderen an Deine Hüfte. Der Abstand sollte immer größer werden. Dein Sternum (Dein Brustbein, also der Knochen in der vorderen Mitte Deines Brustkorbs) sollte „zum Himmel streben“.
- Dein Blick sollte nicht dauerhaft auf Deine Füße gerichtet sein, denn das belastet nur unnötig den Rücken und Nacken – der zweite häufige Grund für Rückenschmerzen. Um Verspannungen zu vermeiden, solltest Du Deinen Blick circa 3 bis 6 Meter vor Dir auf den Weg richten.
Wenn die Ansprüche steigen – längere Touren
Länger zu Fuß gehen – brauche ich dann andere Schuhe?
Bei längeren Touren werden gute Schuhe immer wichtiger. Die meisten großen Sportmarken bieten Schuhe an, die speziell für das Gehen entwickelt wurden. Die Schuhe sollten ein bequemes Fußbett haben, Deinen Fuß stützen, aber nicht zu eng anliegen oder ihn gar einschränken. Achte auf eine gepolsterte Zunge und Fersenpolster. Das Obermaterial sollte leicht, atmungsaktiv und flexibel sein, die Innensohle feuchtigkeitsresistent und die Sohle stoß dämpfend.
Der Fersenkeil sollte erhöht sein, so dass die Sohle am hinteren Teil des Schuhs doppelt so dick ist, wie am vorderen. Schließlich sollte die Zehenbox geräumig sein, auch wenn Du Sportsocken trägst. Wenn Du vorhast auch am frühen Morgen zu gehen, wenn der Tau noch auf dem Gras liegt, oder auch noch in einem Regenschauer trockene Füße behalten willst, sind für Dich wasserabweisende Schuhe sinnvoll.
Für längere Passagen auf unwegsamen Gelände sollten es dann besser gleich Wanderschuhe sein.
Welche Kleidung ist bei längeren Touren sinnvoll?
Für einen Spaziergang tut es die normale Straßenkleidung, die jeder von uns im Schrank hat. Hast Du vor, auch mal länger zu Fuß unterwegs zu sein, oder in die Berge zu fahren, sieht das schon anders aus. Allein um bei längeren Touren Blasen an den Füßen zu vermeiden, solltest Du zum Beispiel statt reine Baumwollsocken lieber solche nehmen, die zumindest einen geringen Anteil an Nylon von etwa 2%, o.ä. haben. Grundsätzlich ist bei längeren Touren „Layering“ angesagt. Das bedeutet, dass Du mehrere Schichten an Kleidung trägst, die Du bei Bedarf jeweils an- oder ausziehen kannst.
Spazieren gehen und abnehmen
Bewegung – egal welcher Art – verbrennt Kalorien. Genauso ist es auch beim Spazieren gehen. Die verbrannten Kalorien hängen beim Spazieren gehen jedoch deutlich mehr von der Länge der Strecke und Deinem eigenen Körpergewicht ab, als vom Tempo mit dem Du gehst – also: langsam kommst Du auch ans Ziel. Und: je schwerer Du bist, desto mehr profitierst Du von dieser moderaten Art der Fortbewegung.
Spazieren gehen – Kalorienverbrauch
Wenn Du ca. 55 kg schwer bist, verbrauchst Du ca. 55 Kalorien pro Kilometer. Wiegst Du dagegen 100 kg, steigt Dein Kalorienverbrauch bei gleicher Distanz auf 85 Kalorien. Einen Kilometer hast Du übrigens bereits nach maximal 14 Minuten zurückgelegt (bei moderaten 4,5 km/h, die als Durchschnittsgeschwindigkeit beim Gehen gilt). Bist Du also als Durchschnittsgeher eine Stunde unterwegs, entspricht das ca. 235 – 364 Kalorien.
Wie erreiche ich einen höheren Trainingseffekt?
Laut Präventionsexperten Prof. Ingo Froböse gehen wir meist zu langsam. Das ist zwar immer noch besser als zu sitzen, denn auch beim langsamen spazieren gehen tanken wir Licht und Sauerstoff, stimulieren unser Immunsystem und regen die Durchblutung an. Aber sportlichere Menschen sollten den Spaziergang laut Froböse etwas gezielter angehen. Wenn sich die Atem- und die Herzfrequenz bei einem Spaziergang erhöhen, sorgt das für einen deutlich besseren Trainingseffekt. Zügiges Gehen verbessert die Lungen- und auch die Herzfunktion.
Mit einfachem spazieren gehen kannst Du bereits in 12 Wochen fit werden.
Hier ist der Walking Plan, wie ihn das National Institute of Health bereits seit Jahrzehnten empfiehlt:
Fazit:
Täglich spazieren zu gehen steigert nicht nur Dein Wohlbefinden, es hilft auch noch beim Abnehmen und kann Dich vor Krankheiten bewahren. Mit der richtigen Atemtechnik kombiniert, ist ein Spaziergang ein effektiver Weg um Stress abzubauen und Depressionen zu lindern.
Außerdem wirst Du auf gelenkschonende Weise fit und steigerst gleichzeitig Deinen Glückslevel. Also raus und spazieren gehen. Und das am besten – täglich.
Du willst bei Deinem Spaziergang ganz aktiv Stress abbauen? Das geht! Schon mal was von Breathwalking gehört? Oder willst Du Deine Genussfähigkeit steigern? Dann solltest Du es mal mit einem Pleasure Walk probieren. Wer am liebsten im Wald spazieren geht, kann es auch mal mit einem Waldspaziergang der besonderen Art versuchen – hier geht es zur Waldbade-Anleitung nach japanischem Vorbild.
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