Die Tipps und Inspirationen hier in der Wohlfinderei sind wissenschaftlich basiert. Die zitierten Studien stammen aus den unterschiedlichsten Forschungsgebieten, die sich mit unserem Wohlbefinden auseinandersetzen: Unter anderem dem Thema Achtsamkeit.
Achtsamkeit – was ist das eigentlich?
Doch was ist das eigentlich, Achtsamkeit? Wie wirksam sind die Techniken? Wie wende ich sie im Alltag an? Und was bringt das eigentlich?
Achtsamkeit, im Englischen „Mindfulness“ ist unsere Fähigkeit offen wahrzunehmen und zu akzeptieren was im gegenwärtigen Moment geschieht. Es geht um das bewusste Wahrnehmen des Augenblicks, ohne über diesen zu urteilen.
Achtsamkeit ist also das genaue Gegenteil dessen, was wir normalerweise in unserem täglichen Leben tun. Denn meist sind wir nicht „im Moment“ und reagieren entsprechend unbewusst auf Situationen, die uns widerfahren – immer auf die gleiche Art und Weise, die wir irgendwann gelernt haben.
Kann man Achtsamkeit lernen?
Fragt man einen der renommiertesten Wissenschaftler auf dem Gebiet der Achtsamkeit, MBSR Mindfulness Based Stress Reduction, tragen wir die Fähigkeit dazu bereits in uns. Wir können uns des Moments bereits urteilsfrei bewusst sein. Wenigstens für ein paar Sekunden. Und genauso, wie wir durch tägliches körperliches Training zu einem besseren Sportler werden können, können wir durch tägliches mentales Training – zu einem achtsameren Menschen werden.
Wie lerne ich achtsam zu leben?
Es gibt mehrere Methoden, um sich in Achtsamkeit zu schulen. Eine davon ist es beispielsweise, zu meditieren und sich dabei auf den Atem zu konzentrieren.
Der Atem als Anker
Eine der grundlegenden Techniken bei MBSR Mindfulness Based Stress Reduction ist es, sich auf den Atem zu konzentrieren. Ganz einfach deswegen, weil der Atem immer da ist. Normalerweise schenken wir ihm keine große Beachtung. Doch der Atem kann ein sehr hilfreicher „Anker“ sein.
Durch den Atem kommen wir in den Moment
Wer sich auf den Atem konzentriert, kommt im gegenwärtigen Moment an. Bewusst im Moment zu sein, ist eine der Fähigkeiten, auf denen Achtsamkeit beruht. Wer sich ein paar Minuten nimmt und sich auf den Atem konzentriert, wird schnell feststellen, dass es gar nicht so einfach ist, bewusst den Moment wahrzunehmen – denn uns kommt ständig „unser Hirn dazwischen“.
Den „Monkey-Mind“ zähmen
70.000 Gedanken sind es angeblich, die uns tagtäglich durch den Kopf gehen. So zumindest will es die Wissenschaft erforscht haben. Wenn wir uns auf den Atem konzentrieren, werden wir uns dieses Geplappers bewusst. Der Atem ist dann ein guter Anker, der uns immer wieder aus diesem Gedankenkarussell herausholen kann.
Sobald wir uns von Gedanken davon tragen lassen und abschweifen, konzentrieren wir uns einfach wieder – auf das Atmen. Die aufgezogenen Gedanken und Gefühle lassen sich mit Wolken vergleichen. Sie ziehen auf, damit wir sie wertfrei und ohne über sie zu urteilen, beobachten können – und sie wieder ziehen lassen. Mit etwas Übung werden wir den Gedanken und Gefühlen immer weniger nachhängen und dafür immer mehr im bewussten Moment ankommen, wie Achtsamkeitslehrer sagen.
FAQ von Achtsamkeits-Beginnern
Ich kann mich nicht auf den Atem konzentrieren – ich schweife immer ab
Wenn Deine Gedanken immer wieder abschweifen, ist das ganz normal. Meist kommen uns solche Gedanken in den Sinn wie: ich sitze unbequem. Das kann ich keinesfalls noch weitere 5 Minuten so aushalten. Oder: was mache ich falsch? Ich wollte mich doch nicht schon wieder von meinen Gedanken davon tragen lassen. Für mich ist das nichts. Oder: Du kannst einfach nicht aufhören, über ein bestimmtes Problem nachzudenken. Über die Zukunft, über die Vergangenheit. Oder Dir fällt gerade siedend heiß ein, was Du heute noch alles erledigen musst. Oder, oder, oder…. Diese Erfahrung macht jeder. Das ist ganz normal.
Ich weiß noch nicht mal, was ich denke – ich kann gar keinen klaren Gedanken fassen
Es dauert eine gewisse Zeit, die einzelnen Gedanken und Gefühle, die in Dir hochkommen zu betrachten, ohne an ihnen „anzuhaften“. Das ist kein Fehler, das ist normal. Es gibt kein „leeres Gehirn“. In den Momenten, wo es Dir gelingt achtsam zu sein, beobachte, wie Dein Geist umherspringt. Von einem Thema zum anderen. Völlig wirr und manchmal eben kaum zu fassen. Im Hinduismus, siehe auch Artikel: Was ist Glück? Eine Definition nennen sie diesen Geist den „monkey mind“. Selbst wenn es immer nur für einige Momente möglich ist – genau darum geht es: Die Fähigkeit des urteilsfreien Beobachtens von Gedanken zu trainieren.
Ist Achtsamkeit Konzentration?
Achtsamkeit und Konzentration sind zwei verschiedene Dinge, die man leicht verwechseln kann. Wenn Du Dich konzentrierst, richtest Du Deinen Fokus auf etwas Bestimmtes. Du willst zum Beispiel einen Gedanken weiter denken, um zu einer Lösung zu kommen. Achtsamkeit dagegen verfolgt kein bestimmtes Ziel.
Achtsamkeit bedeutet dessen gewahrsein, was in diesem Moment gerade IST. Es bedeutet urteilsfreies Bewusstsein.
Beispiel: Wenn Du auf die Atmung konzentriert bist, bist Du auch achtsam für Deine Atmung. Wenn Du gedanklich abschweifst, bist Du zwar nicht mehr konzentriert, kannst aber immer noch achtsam sein. Du kannst beobachten, wohin Dein Geist wandert, ohne zu urteilen – und dann Deine Aufmerksamkeit zurück auf den Atem lenken. Das Ziel ist es, sich bewusst zu sein, wie die Dinge sind. Von Moment zu Moment – ohne zu bewerten, ohne zu urteilen, sondern zu akzeptieren was ist. Das ist Achtsamkeit, wie deren Lehrer sagen.
Schneide ich mich nicht von meinen Gefühlen ab, wenn ich zu ihnen auf Distanz gehe?
Laut Achtsamkeitslehrern verhält es sich so: Achtsamkeit bedeutet weder gleichgültig zu werden, noch sich mit irgendetwas abzufinden. Im Gegenteil: dadurch, dass wir uns unserer Gedanken und Gefühle bewusst werden und sie zu betrachten lernen, erlangen wir ein tieferes Verständnis für sie und genauso für uns.
Wir wissen irgendwann nicht nur was uns zum Beispiel ärgert, sondern auch warum und können besser damit umgehen.
Durch ein tieferes Verständnis für unsere Gedanken, Wünsche, Ziele und Träume können wir nicht nur einen tieferen Sinn für unser eigenes Leben erlangen. Wir haben auch mehr Verständnis und Mitgefühl für andere. Menschen und Lebewesen.
Tipps für Achtsamkeits Beginner
Nicht verzweifeln – dran bleiben
In einem Moment können wir uns noch auf unseren Atem konzentrieren, im nächsten sind wir schon wieder raus. Doch jetzt die gute Nachricht: Du hast es bemerkt – also warst Du achtsam. Du hast bewusst wahrgenommen, dass Dein Geist abschweift. Gratuliere. Und nun kommt die zweite wichtige Säule der Achtsamkeitslektion: neben dem bewussten Wahrnehmen des Moments ist es – zu akzeptieren und nicht zu urteilen. Sei gnädig mit Dir!
Akzeptieren und nicht urteilen
Wenn Du Dich von Deinen Gedanken hast davon tragen lassen und Dir das auffällt – kehre einfach wieder zurück zu Deinem Atem. Verurteile Dich nicht dafür, dass Du abgeschweift bist. Akzeptiere es und atme einfach. Das ist eine wichtige Lektion der Achtsamkeit, die Du da gerade lernst. Zu akzeptieren und nicht zu urteilen gehört genauso mit dazu, wie den gegenwärtigen Moment bewusst wahrzunehmen. Alles gut!
Die wichtigste Voraussetzung um achtsam zu sein – ist Geduld
Du musst also nicht lernen, Dich möglichst gut konzentrieren zu können. Das wird Dir immer besser gelingen, je mehr Du Achtsamkeit übst. Eine bessere Konzentrationsfähigkeit ist also quasi ein Nebenprodukt der Achtsamkeitsübung.
Die wichtigste Fähigkeit, die Du mitbringen musst, um Achtsamkeit zu üben – ist Geduld. Geduld, die Dinge beobachten zu lernen. Und Geduld, die Dinge so sein zu lassen, wie sie sind. Sie zu akzeptieren. Natürlich gelingt das nicht immer und schon gar nicht dauernd. Achtsamkeit ist kein ununterbrochener Zustand von Gewahrsein. Es ist die Erfahrung von Moment zu Moment.
Ich hab es jetzt ein paar mal probiert – aber ich glaube, Achtsamkeitstechniken wie Yoga und Meditation sind nichts für mich
Das alles klingt ganz schön kompliziert? Und exotisch? Damit magst Du recht haben. Die Achtsamkeitslehre stammt eigentlich aus dem Buddhismus. Es sind uralte Techniken, die sich über Jahrtausende hinweg entwickelt und bewährt haben. Ursprünglich wollten die Praktizierenden damit den heiligen, mystischen Kräften auf den Grund gehen, die allem Leben innewohnen.
Für unseren westlich geprägten Geist können diese Techniken erstmal schwierig zu verstehen und umzusetzen sein. Wie soll ich denn das machen? Gedanken betrachten? Dann denke ich doch, oder? Und wenn ich dran denke, dass ich nicht denken soll, dann denk ich doch erst recht?! So geht es anfangs vielen.
Keine Sorge, neben Meditation und Yoga gibt es auch noch anderen Techniken, um Achtsamkeit zu trainieren. Wenn Dich das ruhige Sitzen und atmen eher stresst, als zur Ruhe kommen lässt und Dir Yoga nun mal einfach nicht liegt, dann ist es auch nichts für Dich. Was aber nicht heißt, dass Du auf Achtsamkeit verzichten musst.
Was versteht man unter Achtsamkeitsübungen?
Neben Yoga und Meditation kannst Du auch im Alltag achtsam sein. Du kannst achtsam sein, wenn Du das Geschirr abwäschst, wenn Du Spazieren gehst, wenn Du kochst, wenn Du isst, eigentlich bei allem, was Du im Alltag tust. Insbesondere bei den Dingen, die zu Deinen Routinen gehören. Denn Routinen dienen nicht dazu im Blindflug durch den Tag zu steuern, sondern bieten die Möglichkeit Dich ganz auf den Moment einzulassen – mit allen Sinnen.
Lies hierzu auch gerne bei Wohltaten weiter.
Achtsamkeit im Alltag
Achtsamkeit mit Dir selbst – Me-Time
Du kannst achtsam mit Deinem Körper umgehen, indem Du ihn pflegst und ihn gut ernährst. Indem Du ihn bewegst und trainierst – und dabei achtsam bist. Beispiel: der Artikel zu achtsam essen. Darin ist auch eine kleine Achtsamkeitsübung, die Du direkt ausprobieren kannst.
Prinzipiell geht es bei Achtsamkeit im Alltag darum, mehr im gegenwärtigen Moment anzukommen, diesen bewusst wahrzunehmen und ihn zu genießen. Das geht übrigens auch dann, wenn Du im Stress bist – und ist dann besonders wichtig. In dem Artikel Me Time in No Time habe ich einige Übungen für Dich zusammengetragen.
Achtsame Pausen machen – nur für Dich
Einfach mal aus dem täglichen Rummel um uns herum (und in uns) aussteigen und eine Pause machen. Durchatmen, sich erden, Kraft tanken und dann erfrischt weiter machen. Diese kleinen „Inseln“, selbst wenn – oder gerade wenn – Du nur wenige Augenblicke Zeit hast, sind enorm wichtig, besonders in hektischen und anfordernden Zeiten.
Eine Fülle von Inspirationen hierzu findest Du unter „Me-Time – die achtsame Auszeit mit Dir selbst“. Von wenigen Augenblicken bis zu einem halben Tag habe ich Dir hier viele kleine und große Übungen zusammengestellt, mit denen Du einen kleinen Mini-Urlaub nehmen kannst.
Bei „Me-Time“ geht es ganz allgemein gesprochen um eine achtsame Form von „selfcare“. Und um das gleich vorweg zu nehmen – nein, Du musst kein schlechtes Gewissen haben, wenn Du Dir achtsame Momente schenkst.
Mehr zum Thema Me-Time und was das überhaupt ist, kannst Du in dem Artikel Me-Time – die achtsame Auszeit mit Dir selbst nachlesen.
Achtsam mit Deinem Körper sein
Achtsam auf Deinen Körper zu hören ist übrigens genauso wichtig. Oft genug übergehen wir ihn, ignorieren, dass er vielleicht Schmerzen hat, sich ausgelaugt und müde anfühlt. Dass er Nahrung braucht, oder dehydriert ist. Auch das ist ein „Verdrängermuster“, dem man mit Achtsamkeit entgegenwirken kann.
Wenn Du achtsamer mit Deinem Körper umgehst, wirst Du im wahrsten Wortsinn immer mehr auf ihn achten. Er ist es schließlich, der Dich durch das Leben trägt und das soll er möglichst noch eine ganze Weile lang tun.
Achtsamkeit mit Partner und Kind
Wenn Du mit Deinem Kind, oder auch Deinem Partner kuschelst, sieh ihnen in die Augen, höre ihnen zu und genieße die Kuscheleinheit. Je entspannter Du bist und je mehr Du Dich einlassen kannst, desto entspannter kann auch Eure Beziehung zueinander werden – und umso tiefer und glücklicher.
Quality time – Achtsam mit anderen
Das Gleiche gilt natürlich auch für Deine Freunde. Höre ihnen öfter zu, lass sie reden und über sich erzählen. Unterbrich sie nicht dabei. Und dann erzähl Du. Im Verlauf eines solchen „achtsamen“ Gesprächs kommt Ihr oftmals auf Lösungen für Eure Probleme, an die keiner vorher gedacht hat. Eine Situation wird Dir plötzlich bewusster, Du hast einen umfassenderen Blick, entwickelst neue Ideen, oder änderst Deine Einstellung. Außerdem gibt es Euch die Chance gemeinsam Euren Horizont zu erweitern und Euch besser kennenzulernen. Auf eine tiefere Art und Weise, die Euch langfristig verbindet.
Wenn Du Achtsamkeit im Alltag praktizierst, lernst Du Dich und andere besser kennen, kannst alle besser verstehen und lernst mehr auf Dich und andere zu achten. Gleichzeitig wächst auch Dein Mitgefühl für alles, was Dich umgibt: andere Menschen, Lebewesen und die Umwelt.
Welche Wirkung hat Achtsamkeit?
So, jetzt ist es wahrscheinlich an der Zeit, dass Du Dir einen Tee holst, denn alle Vorteile von Achtsamkeit aufzulisten, dauert etwas länger.
Welche Wirkung hat Achtsamkeit – wissenschaftlich nachgewiesen?
Wissenschaftlich nachgewiesen wurde die Wirkung von Achtsamkeit unter anderem bei:
- Burnout
- Depressionen
- Angststörungen
- Essstörungen
- Suchterkrankungen
In Zusammenhang mit diesen Krankheiten steht:
Achtsamkeit…
- verringert psychischen Stress
- macht psychisch stabiler, resilienter
- fördert die Stressresistenz
- fördert die körperliche und geistige Gesundheit
- verringert ADHS
- hilft bei chronischen Schmerzen
- schärft den Fokus
- verbessert die Stimmung
- verbessert das Gedächtnis
- verbessert die Aufmerksamkeit
- verbessert die Konzentrationsfähigkeit
- verbessert die Entscheidungsfähigkeit
- verbessert das Urteilsvermögen
- verbessert die Kreativität
- verringert Müdigkeit
- verringert Kopfschmerzen
- verringert hohen Blutdruck
- verbessert den Schlaf
Wer will da schon noch auf Achtsamkeit verzichten?
Fazit:
Achtsamkeit lässt sich gut in den Alltag einbauen. Nur wenige Minuten am Tag reichen bereits aus, um von den positiven Wirkungen zu profitieren. Es kostet nichts und bringt viel. Statt also das nächste Mal während der Fahrt mit dem Bus, im Stau oder im Wartezimmer das Handy rauszuholen, sollten wir uns stattdessen vielleicht kurz mal auf uns selbst „eintunen“.
Weiterführende Links:
- MBSR Mindfulness Based Stress Reduction
- Die Macht der guten Gefühle
- Waldbade-Anleitung
- Pleasure Walk
- Rosinenübung
- Weise Sprüche und Zitate der östlichen Philosophien
Quellen:
Duke Integrative Medicine Study
Rosenzweig S, Greeson JM, Reibel DK, Green JS, Jasser SA, Beasley D Study
Chiesa A, Serretti A. Study
Winbush NY, Gross CR, Kreitzer MJ Study