Was macht das Leben lebenswert? In der japanischen Philosophie „Ikigai“ dreht sich alles um genau diese Frage. Es geht bei Ikigai um nichts Geringeres, als unseren persönlichen Sinn des Lebens zu finden und unserem Leben mehr Freude zu verleihen. Und das gerade einmal mit 4 Fragen! Du bist schon gespannt? Dann mal los – finden wir, wofür es sich zu leben lohnt – mit Ikigai!
Ikigai – Was heißt das eigentlich?
Ikigai bedeutet „Lebenswert“ („iki“ für „Leben“ und „gai“ für „Wert“). Man kann es aber auch sinngemäß als „die Freude und das Lebensziel“ übersetzen. Die Frage, die Dir Ikigai stellt, lautet: Was macht Dein Leben lebens-wert?
Welches Ziel verfolgt Ikigai?
Ikigai hat zum Ziel, dass Du Dich selbst besser kennenlernst, um so den Dingen auf den Grund zu gehen, die Dich im Leben glücklich machen. Wer seinen persönlichen Ikigai erst gefunden hat, hält damit den Schlüssel für ein glückliches, erfülltes und langes Leben in den Händen, so heißt es. Darüberhinaus soll es für einen gesunden Körper und Geist sorgen. Grund genug, sich Ikigai einmal näher anzusehen, oder?
Dementsprechend ist die Frage: Was würde Dich jeden Morgen voller Vorfreude und Tatendrang aus dem Bett springen lassen? Was ist es, das Dich bis in die Haarspitzen motiviert und es kaum erwarten kannst, damit loszulegen? Tag für Tag aufs Neue? Wofür brennst Du und was begeistert Dich? Das sind genau die Fragen, die Dich Deinem Ikigai näher bringen. Eine genau Anleitung dazu findest Du weiter unten im Artikel.
Japan, Okinawa und Ikigai
Die japanische Insel Okinawa ist als eine der „blue zones“ der Erde bekannt. Bluezones sind Gegenden, in denen Menschen besonders gesund sind und lange leben. In Japan selbst nennt man Okinawa deswegen auch „die Insel der Langlebigen“. Für sein Buch „Ikigai – The Japanese Secret to a Long and Happy Life“ befragte Héctor Garcia mehr als hundert ältere Bewohner:Innen Okinawas zu ihrem Ikigai. Das Resultat: sie alle haben ihren persönlichen Ikigai gefunden!
Ikigai – Beispiele aus Okinawa
Die 100 interviewten Bewohner Okinawas gaben an, dass sie ihren Ikigai, also ihren Sinn und ihre Freude im Leben unter anderem darin fanden:
- in ihren Freunden,
- in der Gartenarbeit
- in der Kunst
Trotz ihres hohen Alters pflegen die Bewohner Okinawas nach wie vor einen gesunden und aktiven Lebensstil. Beispielsweise arbeiten sie noch in einem Beruf und gehen mit viel Engagement ihren Hobbys nach. Sie treffen sich regelmäßig mit anderen: singen Karaoke, feiern gemeinsam Geburtstage und pflegen enge Verbindungen zu ihren Mitmenschen, etc..
Kurz: Sie nannten all die Dinge, die zu einem gesunden, gelingenden und glücklichen Leben beitragen können, wie es heute auch die Wissenschaft nachgewiesen hat.
Was bringt Ikigai?
Welche positiven Effekte Ikigai unter anderem hat, wurde in einer aktuellen Studie deutlich, die das renommierte Lancet Magazin veröffentlicht hat.
In dieser Studie wurden über 10.000 zufällig ausgewählte Probanden, die über 65 Jahre alt waren nach ihrem Ikigai befragt. Wer mit „Nein“ antwortete und rein aus finanziellen Anreizen arbeitete, hatte eine deutlich höhere Wahrscheinlichkeit innerhalb der nächsten drei Jahre funktionale Fähigkeiten zu verlieren (+31%) bzw. an Demenz zu erkranken (+36%). Wer jedoch sein Ikigai gefunden hatte und dafür arbeitete – hatte dieses Risiko nicht.
Jages Studie – The Lancet Magazin
Beeindruckende Zahlen, die zu denken geben. Oder, um es mit Viktor Frankl zu sagen, dem Erfinder der „Logotherapie“ (Logos bedeutet sinn- und wertvoll):
Wie funktioniert Ikigai?
Jeder von uns hat natürlich seinen eigenen, ganz individuellen Grund, aus dem heraus diese große, persönliche Motivation erwächst.
Deinem Ikigai auf die Schliche zu kommen, ist eigentlich gar nicht so schwer, okay – zumindest die Anleitung dazu. Ikigai stellt Dir lediglich 4 persönliche Fragen. Doch um diese zu beantworten, solltest Du Dir Zeit nehmen, tief in Dich hineinhören – und geduldig sein.
Ikigai besteht aus vier verschiedenen Themenbereichen: Liebe, Talente, Geld und Bedürfnisse.
- Liebe: Dabei geht es um all die Aktivitäten, die Dein Herz höher schlagen lassen, die Dir Spaß machen und die Du gerne tust.
- Talente: Hiermit sind Deine Fähigkeiten gemeint, also alles, was Du gut kannst, auch wenn Du es vielleicht nicht so gerne einsetzt.
- Geld: Wofür wirst Du bezahlt? Welche Arbeiten oder Dienstleistungen bringen Dir Geld ein?
- Bedürfnisse: Was könnte die Welt von Dir brauchen und wie könntest Du anderen Menschen weiterhelfen? Welches Wissen hast Du zum Beispiel bereits, oder möchtest es Dir noch aneignen?
Diese 4 Bereiche kannst Du in Kreise einteilen, die sich überlappen – genauso, wie sich die 4 Bereich auch im Leben gegenseitig beeinflussen.
Wo sich nur zwei Bereiche überschneiden, herrscht immer ein Mangel. Nur ganz im Inneren, wo sich alle vier Kreise überschneiden: findest Du – Dein Ikigai – Deine Freude und Dein Lebensziel. Hier mal eine Ikigai-Grafik dazu, um das zu verdeutlichen:
Die 5 magischen Überschneidungen im Ikigai – übersetzt
- Wenn Du Spaß hast, bei dem was Du tust und Du es auch noch richtig gut kannst – dann liegt da Deine Leidenschaft.
- Wenn Du etwas richtig gut kannst und damit Geld verdienst – liegt da Dein Beruf.
- Womit Du Geld verdienst und was die Welt gut brauchen kann – da liegt Deine Berufung.
- Und wenn es die Welt gut brauchen kann und Du Spaß hast, bei dem was Du tust, dann liegt da Deine Mission.
- Und nur dort, wo alle vier Themen ihre Schnittmenge haben – ganz im Inneren davon – ist Dein persönlicher Ikigai.
Ikigai vereint dementsprechend Leidenschaft, Beruf, Berufung und Mission. Dort im Inneren bist Du im Einklang mit Dir selbst und Deinen Werten, voller Freude und Zufriedenheit. Du erfährst Befriedigung durch das, was Du tust, erlebst Sinnhaftigkeit, tust es gerne und gut, wirst dafür ausreichend bezahlt und machst etwas, dass die Welt gut brauchen kann. Klingt so, als könnte das das Leben tatsächlich lebenswert machen und ein erstrebenswertes Lebensziel sein, oder?
Die 4 Fragen des Ikigai
Ausgehend von den vier Themenbereichen schlägt die Lebensphilosophie des Ikigai vor, Dir diese 4 Fragen zu stellen:
- Was ist es, dass Du liebst, was Dir Spaß macht und was Du besonders gerne tust?
- Wo liegen Deine Fähigkeiten und Talente? Worin bist Du richtig gut?
- Was kannst Du der Welt geben, was sie gut gebrauchen kann?
- Womit kannst Du Geld verdienen, oder tust es bereits?
So findest Du Deinen persönlichen Ikigai – Die Übung
Schritt 1 von Ikigai – Beantworte die 4 Fragen
Suche Dir einen ruhigen, gemütlichen Platz, an dem Du ungestört bist. Nimm Dir für die Aufgabe ausreichend Zeit und beantworte eine Frage nach der anderen. Schreibe zu jeder Frage alle Antworten auf, die Dir in den Sinn kommen.
- Was liebst Du besonders, was macht Dir Spaß? – Überlege nicht lange, folge einfach Deinem Gefühl und schreib alles auf, was Du richtig gerne machst – ohne über Profit oder Machbarkeit nachzudenken.
- Worin bist Du gut? Wofür loben Dich andere? Wofür bekommst Du Komplimente? Schreibe Deine besten Fähigkeiten auf, auch die, die Du nicht so gerne einsetzt.
- Was kann die Welt gut brauchen? Was könntest Du ihr geben? Wobei hast Du zum Beispiel schon mal jemandem geholfen oder worum bitten Dich andere?
- Wofür wirst Du bezahlt? Womit verdienst Du Dein Geld?
Sei möglichst offen und ehrlich bei der Beantwortung der Fragen und lass Dir genügend Zeit. Es geht schließlich darum, Dich besser kennenzulernen um Deinem Lebensglück auf die Sprünge zu helfen. Dafür lohnt es sich doch, offen, ehrlich und geduldig zu sein, oder?
Schritt 2 von Ikigai – Überprüfe Deine Antworten
Nachdem Du Deine Antworten zusammengeschrieben hast, prüfe sie nochmal an Hand der folgenden Liste ab und streiche all die, die vielleicht nicht ganz zutreffen sind, oder sich für Dich nicht richtig anfühlen. So erhältst Du am Ende eine Liste, die Dich Deinem Ikigai schon ein ganzes Stück näher bringt.
1. Was Du liebst
- Begeistert es Dich wirklich?
- Kannst Du es lange tun, ohne müde zu werden?
- Hast Du es zum Beispiel bereits als Kind gerne getan, oder im Urlaub?
- Beschäftigst Du Dich bereits jetzt häufig damit?
- Redest Du gern darüber?
- Könntest Du Dir vorstellen, es den ganzen Tag lang zu tun? Jeden Tag sogar?
2. Worin Du gut und talentiert bist:
- Ist das wirklich Dein Talent?
- Bist Du darin besser als andere? Warum? Woher weißt Du das?
- Hast Du eine Ausbildung darin?
- Haben Dir auch schon andere gesagt, dass Du darin gut bist?
- Fallen Dir noch weitere Fähigkeiten ein, die andere nicht haben?
3. Was die Welt gut brauchen kann
- Würde es Dich mit Sinn erfüllen?
- Entspricht es Deinen Werten und Idealen?
- Würde es in Erinnerung bleiben, wenn Du nicht mehr da bist?
- Würde es Dich freuen, auf diese Art in Erinnerung zu bleiben?
- Würde es jemandem fehlen, wenn Du es nicht (mehr) tust?
- Was genau würde fehlen und wem?
4. Womit Du Geld verdienen kannst:
- Mit welchem Beruf verdienst Du Geld?
- Welche weiteren Einnahmen hast Du?
- Was hast Du bereits getan oder hergestellt, wofür Du Geld bekommen hast?
- Gibt es noch weitere Quellen, aus denen Du Geld erhältst?
Schritt 3 auf dem Weg zu Deinem persönlichen Ikigai
Deinen persönlichen Ikigai herauszufinden funktioniert wahrscheinlich nicht auf Anhieb. Aber setz Dich nicht unter Druck, sondern beantworte die Fragen an mehreren Tagen immer mal wieder. Schau nicht drauf, was Du beim letzten Mal geschrieben hast, sondern setze immer wieder neu an – zu verschiedenen Tageszeiten und Stimmungen. Lege Dir vielleicht dafür ein Notizbuch zu, oder lege eine Datei auf Deinem Computer oder im Handy an, auf der Du auch spontane Eintragungen machen kannst.
Nach einiger Zeit wirfst Du all Deine Antworten zusammen und überprüfst sie erneut. Wenn immer noch nicht das Richtige dabei ist – gib Dir noch etwas Zeit. Und wenn Du möchtest, rede auch mit Menschen darüber, denen Du vertraust und die Dich gut kennen. Manchmal sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht – und gute Freunde oder die Familie können einem da manchmal wirklich gut weiterhelfen.
Tipp: Wie auch beim kreativen Schreiben geht es bei dieser Übung darum, einfach drauf los zu schreiben. Achte nicht auf Grammatikregeln und Interpunktion, sondern lass einfach raus, was kommt. Auch wenn es für Dich vielleicht erstmal banal, oder kindisch klingt: Wenn Du am liebsten den ganzen Tag mit Deinem Hund spielst, dann schreib genau das auf! Es gibt keine falschen Antworten und alle haben die gleiche Berechtigung. Und wer weiß? Vielleicht ist es ja Dein Ikigai Hundetrainer zu werden?
Und denk dran: In dem was Du zum Beispiel gerne tust, musst Du nicht perfekt sein! Wenn Du beispielsweise allein beim Gedanken ans Musik hören Freude empfindest, dann ist „Musik hören“ genau die richtige Antwort. Anschließend kannst Du überlegen, wie Du das weiter ausbauen und mehr ausleben kannst. Vielleicht gehst Du öfter zu Konzerten, lernst selbst ein Instrument zu spielen oder belegst einen DJ-Kurs?
Weitere Ideen des Ikigai
Die Philosophie des Ikigai gibt uns weitere gute Tipps mit an die Hand, die Du ganz unabhängig von der oben genannten Übung in Deinen Alltag integrieren kannst, um Dein Wohlbefinden nachhaltig zu steigern:
- Nimm Dir Zeit für die Dinge, die Du gerne tust und genieße sie
- Bewege Dich viel – am besten in der Natur
- Gehe achtsam und fürsorglich mit Dir und anderen um
- Sei dankbar, für alles, was Du hast und kannst – auch für kleine Dinge
- Vermeide Stress und baue ihn ganz aktiv ab, wenn Du Dich gestresst fühlst
- Umgib Dich mit Menschen, die Du magst und unterstütze sie, genauso wie sie Dich unterstützen
- Bleibe stets offen und neugierig – bewahre Dir Deinen Entdeckergeist
Viel Spaß und ich hoffe, das Du Deinen persönlichen Ikigai findest!
Deine Wohlfinderei
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