Resilienz, das ist diese geistige Superpower, die gerade in aller Munde ist. Die ganze Regalmeter in Büchereien füllt und deren Titel regelmäßig auf den Bestsellerlisten landen. Doch was eigentlich ist Resilienz genau? Was weiß die Forschung darüber und wie können wir dieses Wissen anwenden – in unserem Alltag – ganz konkret?
Resilienz trainieren – das heißt Krisen meistern lernen
Probleme, Krisen und Schicksalsschläge erleben wir alle im Laufe unseres Lebens. Diese extrem anstrengenden, herausfordernden Zeiten gehören ganz natürlich dazu. Der Unterschied ist, wie jeder einzelne mit diesen Herausforderungen umgeht. Und genau da kommt Resilienz ins Spiel: Resiliente Menschen scheinen im Laufe ihres Lebens Strategien entwickelt zu haben, die sie psychisch widerstandsfähiger machen. Doch wie genau haben sie das gemacht?
Herausfordernde Zeiten sind Chancen in Arbeitskleidung.
Warum sind manche Menschen resilienter als andere?
Vielleicht hast Du Dich auch schon mal gefragt, warum sich die einen von Krisen relativ schnell und vollumfänglich wieder erholen, während andere drohen an ihnen zu zerbrechen? Manche Menschen scheinen etwas von einem Stehaufmännchen zu haben, während sich andere von Schwierigkeiten häufiger kleinkriegen lassen.
Was steckt dahinter? Sind manche Menschen einfach nur kaltschnäuzig genug, während andere eher zu den sensibleren Naturen gehören? Oder liegt es an unseren Genen? Am Umfeld? Am Alter? Wovon hängt es ab – dieses hohe Maß an geistiger Widerstandskraft?
Wie immer auf der Wohlfinderei, schreibe ich über Themen, die sich mit unser aller Wohlbefinden beschäftigen. Es geht um Informationen, die uns dabei helfen können, unsere Zufriedenheit und unser Glück zu steigern – und das nicht nur für einen kurzen Moment, sondern nachhaltig.
Und: Resilient zu sein, oder es zu werden – gehört unbedingt dazu, wie die Wissenschaft zeigt.
Resilienz – was ist das eigentlich genau?
Resilienz bedeutet geistige Widerstandskraft. Das Wort kommt vom lateinischen Verb „resilire“, was soviel heißt, wie „zurück federn“ oder „abprallen“. Im übertragenen Sinn ist mit Resilienz also gemeint, wie schnell und umfassend wir uns von einem Schicksalsschlag erholen können, und das ohne anhaltende Beeinträchtigungen.1
Die gute Nachricht vorab: resilient zu sein – können wir lernen.
Was zeichnet einen resilienten Menschen aus?
Wer hier auf der Seite schon öfter mal reingeschaut hat, dem dürften die nächsten Zeilen bekannt vorkommen, beispielsweise aus der Positiven Psychologie, oder auch den Achtsamkeitslehren. Denn tatsächlich haben auch resiliente Menschen einige der Fähigkeiten entwickelt, die es für das sogenannte „glückliche und gelingende Leben“ braucht, wie Wissenschaftler herausgefunden haben. Und: wen wundert´s? Wer gut mit Krisen umgehen kann, ist sicher auch auf einem guten Weg, um glücklich zu sein.
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Deine Wohlfinderei
Eigenschaften resilienter Menschen:
- sie sind optimistisch
- sie reflektieren ihre Gefühle
- sie haben ein realistisches Selbstbild
- sie denken flexibel
- sie haben gute zwischenmenschliche Bindungen und ein enges soziales Netz
- und sie sehen Sinnhaftigkeit in ihrem Tun und im Leben an sich
Wie stark beeinflussen unsere Lebensumstände unsere geistige Widerstandskraft?
Wie stark unsere Fähigkeit zur Resilienz von äußeren Umständen beeinflusst wird, dieser Frage ging die deutsch-amerikanische Entwicklungspsychologin Emmy Werner bereits in den 1955er Jahren nach. Sie begleitete mit ihrer wissenschaftlichen Forschung einen ganzen Jahrgang Neugeborener auf Kauai, einer hawaiianischen Insel, über 4 Jahrzehnte bis in ihr Erwachsenenleben.
Die Lebensumstände dieser Kinder waren teilweise alles andere als „günstig“: Ein Teil der Kinder war umgeben von Armut, Gewalt, Misshandlung, psychischen und physischen Krankheiten, Alkoholabhängigkeit der Eltern, Trennung, mangelnder Fürsorge, etc.
Zu dieser Zeit ging die Forschung davon aus, dass diesen Kindern auch keine besonders rosige Zukunft bevor stand. Doch stimmte das?
In der Psychologie zählen Kinder, die unter prekären Umständen aufwachsen, zur sogenannten „Risikogruppe“. Das bedeutet, dass laut Studien die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass sie im Erwachsenenalter ebenfalls zu psychischen und physischen Krankheiten, Sucht- und Gewaltverhalten neigen, – mit allen erdenklichen Folgen.
Kinder aus Risikogruppen schaffen es oft auch als Erwachsene nicht, sich aus den schwierigen Lebensumständen ihrer Kindheit zu befreien.
Zusätzlich wurde Hawaii in diesen 40 Jahren mehrfach von Hurrikans getroffen, die den Bewohnern Hab und Gut nahmen, Wirtschaftskrisen schwappten auf die Inseln hinüber, die Arbeitslosigkeit stieg daraufhin an, – kurz: Die Teilnehmer der Kauai Studie hatten auch im Erwachsenenalter weiterhin mit vielen Herausforderungen zu kämpfen.
Die Kinder und späteren Erwachsenen der Kauai Studie hatten also alles andere als ein sorgenfreies Leben.
Trotz aller Widrigkeiten schafften es einige dennoch, psychisch und physisch gesund zu bleiben, erfolgreich zu werden und glückliche Beziehungen aufzubauen.
Emmy Werner, die Pionierin der Resilienzforschung, wollte als erste Wissenschaftlerin herausfinden, was genau den Kindern aus dieser Hochrisikogruppe dabei geholfen hatte, als Erwachsene ein gesundes und glückliches Leben zu führen.
Die erste Resilienz-Studie der Geschichte
Die Wissenschaftlerin begleitete an die 700 Kinder bis in ihr Erwachsenenleben. Sie wollte herauszufinden, wie sich Lebensumstände auf die Resilienz auswirken. Das Ergebnis: trotz ihrer schweren Kindheit konnte ein Drittel der Kinder aus der Hochrisikogruppe ein glückliches, erfolgreiches Leben als Erwachsene führen. Sie waren gesund und aktiv, führten positive zwischenmenschliche Beziehungen und hatten gut bezahlte Jobs, die sie gut versorgten.
Doch woran lag es, dass sich diese Kinder so positiv entwickelten?
Faktoren, die zur Resilienz beitragen
Die Forschung weiß mittlerweile: Es gibt sogenannte „Schutzfaktoren“, die es uns erlauben, negative Erfahrungen wie Krisen und Schicksalsschläge besser abzufedern. Sie wirken wie eine Art Puffer. Einmal erfahren, gelernt und trainiert, können sie uns vor Überforderung und Überbelastungen schützen.
Der wichtigste Faktor, auf den die Wissenschaftlerin stieß: Die Kinder hatten zumindest einen Menschen in ihrer Kindheit, der zu ihnen stand, der an sie glaubte und sie unterstützte.
Ein zweiter wichtiger Faktor: Die Kinder hatten gelernt, dass sie jederzeit positive Entscheidungen für sich treffen konnten. Sie wurden sich darüber bewusst, dass sie Situationen niemals ohnmächtig ausgesetzt waren, sondern dass sie ihr Schicksal selbst in der Hand hatten. Sie trainierten es, sich zu entscheiden und entsprechend zu handeln – und sahen, dass sie dadurch etwas Positives für sich und ihr Leben bewirken konnten. Eine Eigenschaft, die auch „Selbstwirksamkeit“ genannt wird.
Ich kann etwas für mich tun – und meine Situation jederzeit verbessern.
Wer sich für weitere Studienergebnisse von Emmy Werner, der Pionierin der Resilienzforschung interessiert, kann gerne auch hier weiter lesen: 2
Was beeinflusst unsere geistige Widerstandskraft?
Resilienz ist von vielen Faktoren abhängig. Neben unseren Lebensumständen beeinflussen auch andere Faktoren unsere Resilienz. Denn unsere „psychisches Immunsystem“ ist nicht ein ganzes Leben lang gleich stark ausgeprägt. Es hängt unter anderem ab von:
- unseren Genen
- unserem Alter
- unseren Lebensumständen
Doch: Resilienz ist vor allem eines: Eine Art „Muskel“, den wir trainieren können, um ihn stärker zu machen. Früher ging man davon aus, dass unsere geistige Widerstandskraft angeboren sei. Heute weiß man, dass sie sich im Laufe des Lebens immer weiter entwickeln lässt.
Wie beeinflussen unsere Gene unsere Resilienz?
Tatsächlich scheint es eine genetische Disposition zu geben, wenn es um unsere geistige Widerstandskraft geht. Resiliente Menschen schütten unter Stress weniger des Botenstoffs Noradrenalin aus, was zur Folge hat, dass sie „gedämpfter“ auf Stress reagieren, wie Prof. Jana Strahler von der Universität Freiburg es beschreibt.
Was bedeutet: Menschen mit einer bestimmten Genkonstellation macht Stress weniger aus, denn er bringt sie weniger aus der Ruhe. Stress prallt buchstäblich an ihnen ab und sie federn schneller wieder zurück. Sie sind also im wahrsten Wortsinn: resilient.
Wie ändert sich unsere Fähigkeit zu Resilienz im Laufe unseres Lebens?
Auch der Lebensabschnitt, in dem wir uns gerade befinden, hat Auswirkungen auf unsere geistige Widerstandsfähigkeit. Resilienz ist phasenweise mal stärker ausgeprägt – und mal schwächer.
Dabei hängt es nicht von unserem Alter an sich ab, sondern vom „typischen“ Stresspegel, der in bestimmten Lebensphasen häufig höher ist, als in anderen. Prof. Dr. Klaus Lieb nennt drei Phasen, in denen wir häufig unter einer hohen Belastung stehen: die Phase um das 30ste Lebensjahr, am Ende unseres Berufslebens und dann erst wieder im hohen Alter.
Die Lebensphase um das 30ste Lebensjahr
Rund um das 30ste Lebensjahr geschieht meist besonders viel in unserem Leben: Wir haben ein Studium abgeschlossen, oder eine Ausbildung beendet, wir sind von Zuhause ausgezogen und lernen auf eigenen Beinen zu stehen, wir verdienen uns erste Sporen im Beruf, gehen eine Beziehung ein, gründen eine Familie, erziehen Kinder, kümmern uns um die Eltern, etc., etc. Es warten viele unterschiedliche Aufgaben, die alle ihre eigenen Herausforderungen mit sich bringen und – die teilweise alle gleichzeitig gestemmt werden müssen.
Die Lebensphase rund um den Renteneintritt
Am Ende des Berufslebens geht für manche ein Abschnitt zu Ende, der nicht selten 50 und mehr Jahre angedauert hat. Die Zeit danach mit Sinnhaftigkeit, Spaß und Freude zu füllen, fällt vielen Menschen erstmal schwer und sie fallen zunächst in ein Loch. Beispielsweise Hobbys und ein aktiver Freundeskreis können sie nach und nach wieder herausholen.
Die Lebensphase am Ende unseres Lebens
Eins vorweg: Nicht jeder Hochbetagte büßt an Resilienz ein. Betroffen sind hiervon in erster Linie diejenigen, die sich besonders einsam fühlen. Ein alter Mensch, der zum Beispiel nach wie vor sozial eingebunden ist und enge Beziehungen pflegt, wird kaum an Resilienz einbüßen. Wenn er sich aber isoliert und einsam fühlt, kann das die Resilienz durchaus beeinträchtigen.
Welche Lebensumstände können unsere geistige Widerstandsfähigkeit vermindern?
Aus der Kauai-Studie geht aber auch hervor, dass 2/3tel der Kinder bis ins Erwachsenenalter hinein die Fähigkeit zur Resilienz nicht entwickelt hatten. Doch woran lag das? Die kurze Antwort darauf lautet: Stress.
Der wissenschaftliche Leiter des Leibniz Instituts für Resilienzforschung in Mainz, Klaus Lieb kennt die Stressoren, die unsere geistige Widerstandskraft vermindern können:
- geringer Bildungsgrad
- Armut
- Überforderung
- prekäre Arbeitsverhältnisse
- schwierige Lebensumstände
Menschen, die nicht genug Geld zum Leben haben, die unter schlechten Arbeitsbedingungen leiden, in beengten Verhältnissen leben und häufig von den Anforderungen des Lebens überfordert sind – sind extrem gestresst. Was dazu kommt: auch Stress abzubauen, fällt ihnen schwerer, als anderen Menschen.
Doch nicht nur dauerhafte schwierige Lebensumstände können unsere Fähigkeit zur Resilienz vermindern, sondern auch plötzliche Schicksalsschläge, wie der Verlust des Partners, der Tod eines Elternteils, die Kündigung des Jobs, etc.. Für jeden kann ein anderer Auslöser zu extremem Stress führen.
Und: auch viele kleinere aufeinanderfolgende belastende Situationen können uns auf die Dauer weniger resilient machen. Die neuesten Forschungsergebnisse gehen davon aus, dass es auch hier so etwas wie Kipppunkte gibt. Wir mögen bis zu einem gewissen Grad vieles verkraften – aber irgendwann bringt ein einziger weiterer Tropfen das Fass zum Überlaufen.
Doch bevor es so weit kommt: Es gibt Möglichkeiten, dieses zu verhindern.
Beispielsweise indem wir regelmäßig und ganz aktiv unseren Stress abbauen, durch ein Hobby, durch Bewegung in der Natur, durch Gespräche mit der besten Freundin – probiere einfach aus, was Dir am Besten dabei hilft Deinen Stress loszuwerden.
Hier gibt es Tipps für Dich: 5 einfache Wege – die aktiv Stress abbauen. Noch besser: Stress entsteht erst gar nicht: Stress verhindern – 10 Tipps wie Dir das bei der Arbeit und im Alltag gelingt.
Kann Resilienz toxisch sein?
Tatsächlich kann die Erwartung, resilienter als andere zu sein, enormen Druck ausüben, was aber nur zusätzlich Stress erzeugt – und somit – absolut kontraproduktiv ist. Nur weil andere mit einer schwierigen Situation gut zurechtkommen, bedeutet das noch lange nicht, dass jeder das können muss.
Fazit:
Lernen wir also für uns und unsere Bedürfnisse einzustehen und uns zum Gestalter unseres Lebens zu machen. Es lohnt sich in jedem Alter, unsere Resilienzfähigkeit zu trainieren und sie nach und nach zu steigern. Auch wenn manches davon durch unsere Gene, unser Alter und unsere Lebensumstände festzustehen scheint: Wir können etwas für unsere geistige Widerstandskraft tun und unsere Superpower trainieren – und so durch alle Phasen unseres Lebens hindurch ein hohes Maß an Wohlbefinden erhalten, oder aufbauen.
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